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ICE im Hbf; Foto: Uwe Haack

Frühling, Sommer, Herbst und Winter

„Alle reden vom Wetter — wir nicht“, warb die Bundesbahn einst für die Verlässlichkeit ihrer Züge. Das ist lange her. Damals fuhr man noch langsamer, viele Strecken waren nicht elektrifiziert, keine Klimaanlagen, keine geschlossene Toilettensysteme, Wagentüren mussten meistens per Hand geöffnet und geschlossen werden. Knopfdruck? — Gab's nicht!

Heute ist alles bequemer. Wir steigen niveaugleich in die Züge, drücken überall auf Knöpfchen und rauschen, je nach Zugart, mit mehr als 200 Sachen klimatisiert durchs Land. Die technologische Entwicklung hat uns diese Vorteile verschafft, und das ist gut.

Die Deutsche Bahn, größter Anbieter im öffentlichen Verkehr, macht allerdings regelmäßig Negativschlagzeilen, und Spötter haben dafür natürlich gleich einen Spruch parat: „Wie heißen die vier Feinde der Bahn? „Frühling, Sommer, Herbst und Winter!“

Das stimmt jedoch nur bedingt so. Die meisten Probleme der Bahn sind vielschichtig, unabhängig von den Wetterkapriolen der Jahreszeiten. Ein Grund: Die Fahrzeugtechnik ist anfällig, z.T. unausgereift, und es gibt Materialprobleme. Neue Züge mit Neigetechnik fallen schon nach kurzem Einsatz aus, Radsätze bekommen Risse, ICEs müssen deshalb aus dem Verkehr gezogen, Werkstattintervalle verkürzt werden, Triebköpfe machen schlapp, Klimaanlagen streiken, Toiletten funktionieren nicht, die Türschlussmechanik versagt ihren Dienst.

Vandalen verursachen, insbesondere im Nahverkehr, hohe Reparatur- und Reinigungskosten. Fallen schadhafte oder beschädigte Züge aus, gibt es keine Reserven. Ersatz muss aus dem bestehenden Material heraus gezogen werden, was zu Zugtrennungen und Umverteilungen von Wagen führt. Das verursacht Verspätungen und überfüllte Züge, die sorgen für Ärger bei den Bahnkunden sowie Schlagzeilen in den Medien. Außerdem — die Sanierung des Schienennetzes ist seit Jahren überfällig. Langsamfahrstellen überziehen das ganze Land. Die Infrastruktur ist auf das Nötigste geschrumpft, weil jeder Meter Schiene, der nicht unbedingt gebraucht wurde, dem Abriss zum Opfer fiel. Es fehlen neue Strecken für den Hochgeschwindigkeitsverkehr und Trassen für den Gütertransport. Das sind die Folgen eines politisch verordneten Sparzwangs, dem das Staatsunternehmen Deutsche Bahn unterworfen ist, um Gewinne zu erwirtschaften. Neuerdings muss die DB von ihren Einnahmen 500 Millionen Euro in die Staatskasse abführen, Kapital, das das sowieso schon unterfinanzierte Unternehmen für die Behebung der vielen Mängel dringend selber braucht. Darüber hinaus haben sich das Bahnmanagement und politische Mehrheiten auf die Tieferlegung des Stuttgarter Hauptbahnhofes versteift, ein Projekt, das, wie die Schlichtung gezeigt hat, der Bahn mehr schadet als nutzt und viel Geld kostet.

Nicht alles aber ist hausgemacht oder politisch begründbar. Verspätungen und Schlagzeilen produzieren auch leichtsinnige Zeitgenossen. Kinder spielen am Bahndamm, Erwachsene machen Spaziergänge auf den Schienen, Jugendliche rennen über die Gleise anstatt die Unterführung zu benutzen, turnen unter dem Fahrdraht auf Güterwagen herum, Autofahrer umfahren geschlossene Halbschranken, LKW-Fahrer wenden auf Bahnübergängen, ungesicherte Traktoren fallen von Hängen auf Bahnböschungen, herrenlose Schafe verirren sich in Tunneleingängen, die Liste ist lang. Auch Menschen, die am Leben verzweifeln, benutzen leider die Bahn — mit verheerenden Folgen für das Bahnpersonal und den Fahrplan.

Eine solide Instandhaltung, Investitionen in Fahrzeuge, neue Strecken, Technik und Personal einmal vorausgesetzt, machen die Bahn zum Allwetter-Verkehrsmittel, verlässlicher als jedes andere.

Das Wetter kann man nicht ändern, die Zuverlässigkeit des Bahnverkehrs schon. Das hat auch Verkehrsminister Ramsauer erkannt. Er möchte eine Bahn, die von 40° plus bis 40° minus verkehrt, reibungslos.

Recht hat er — die Mittel, um das auch umzusetzen, wohl eher nicht.

Uwe Haack

Dies ist ein Artikel der Karlsruher Zeitschrift umwelt&verkehr 1/11

Stand des Artikels: 2011! Der Inhalt des Artikels könnte nicht mehr aktuell sein, der Autor nicht mehr erreichbar o.ä. Schauen Sie auch in unseren Themen-Index.

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