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Lebensmittel im Glas oder Stoffbeutel einkaufen — im unverpackt-Laden möglich; Foto: Mari Däschner

Denk nach, bevor du kaufst!

Ein Interview

Noch in unserer letzten Ausgabe der u&v wünschte sich Hans Seiler als Autor des Artikels „Plastik — nein Danke!“ mehr verpackungsfreie Läden, und schon eröffnet in Karlsruhe einer der bislang größten „Unverpackt“-Läden in Deutschland! Das freut uns gewaltig. Mari Däschner hat die Ladeninhaberin Antonia Wucknitz interviewt:

MD: Ich habe gelesen, dein Laden, der am 12. Mai am Bahnhofsvorplatz eröffnet, ist mit über 100 m² auf zwei Etagen einer der größten in Deutschland. Eigentlich sollte da für jeden was dabei sein, oder?

AW: Soviel ich weiß, wird es einen Unverpackt Laden in Trier geben, der ca. 150 m² Verkaufsfläche hat. Der größte Laden werden wir also nicht. Aber einen guten Standort am Hauptbahnhof haben wir auf jeden Fall. Im unteren Bereich der ca. 80 m² groß ist, werden die Basics angeboten, Dinge wie Mehl, Flocken, Nudeln, Trockenfrüchte, Kaffee und so weiter, die man jeden Tag braucht. Auf der 2. Ebene Öl und Essig, eventuell Wein, aber auch Putz- und Pflegemittel. An vielen Sachen bin ich noch dran, da hätte ich am Anfang gar nicht daran gedacht. Z. B. vegane Zahnbürsten.

MD: Soll es auch frische Lebensmittel geben in dem Laden, obwohl Obst und Gemüse in den meisten Geschäften doch eigentlich schon ganz gut ohne Verpackung gekauft werden können?

AW: Ganz in der Nähe ist ein Lebensmittelgeschäft, das ein großes Sortiment an Obst und Gemüse hat. Da möchte ich gar nicht in Konkurrenz gehen und werde nur einige saisonale und regionale Obst- und Gemüsesorten anbieten. Brot wird es auch geben, Eier von einem Hofladen und auch ein paar Milchprodukte. Gerne hätte ich Butter im Glas, das finde ich klasse und habe es auch schon im Unverpackt Laden in Kiel gesehen. Tofu aus der TofuManufaktur hier in Karlsruhe wird es auf jeden Fall geben. Ich bin sicher, wenn der Laden erst mal offen ist, wird noch die eine oder andere Idee geboren.

MD: Ich erinnere mich noch an einen Bioladen in der Kaiserstraße vor vielen Jahren, in dem es große Gefäße oder Fässer gab, aus denen sich die Kunden ihr Müsli, Getreide usw. selbst nach Bedarf abfüllen konnten, genau dem Konzept der Unverpackt-Läden entsprechend. Das gab es also schon mal und ist heute leider völlig verschwunden — vielleicht aufgrund irgendwelcher Hygienevorschriften?! Wie wird im Unverpackt-Laden mit den offenen Lebensmitteln umgegangen?

AW: Ich habe im Vorfeld mit dem Gesundheitsamt gesprochen und mir die wichtigsten Tipps abgeholt. Die Bulk Bins (Spendersysteme aus Polykarbonat) sind UV-beständig und sozusagen ein geschlossenes System. Andere Produkte, flüssige bspw., werden in Glasballons oder Edelstahlfässern angeboten. Öl beziehe ich von kleinen Ölmanufakturen, mit denen ich auch bespreche, welche Gefäße geeignet sind. Da lasse ich mich gerne beraten. Mehl, aber auch Trockenfrüchte, können aus einem Bulk Bin mit einer Schaufel oder Zange entnommen werden. Dieses Prinzip kennt man schon von Süßigkeiten. Da wir Lebensmittel offen anbieten, müssen wir natürlich alles sehr genau protokollieren und dokumentieren. Die Hygiene steht an erster Stelle.

MD: Vermutlich bekommst du die Ware in sehr großen Gebinden geliefert, die sind logischerweise auch verpackt, aber der Kunde kann sich dann die Lebensmittel in deinem Laden in selbst mitgebrachte Gefäße abfüllen und den Verpackungsmüll, den er sonst im „normalen“ Supermarkt mitkauft, einsparen. Das ist doch ein ganz erheblicher Beitrag, um Ressourcen zu sparen, jedenfalls wenn Viele mitmachen, oder?

AW: Die meisten Dinge werden in Großgebinden angeliefert. Bei Gewürzen beispielsweise muss man Kompromisse bezüglich der Regionalität eingehen. Hier arbeite ich mit einem Händler zusammen, der die Ware in Säcken eingenäht liefert. Für die Kunden wird es in meinem Laden verschiedene Gläser geben, aber auch Papiertüten, damit ein spontaner Einkauf möglich ist. Außerdem werde ich verschiedene Stoffbeutel mit Kordel zum Zuziehen haben, in verschiedenen Größen. Sie sind von GoBag, in Karlsruhe von den HWK (Hagsfelder Werkstätten) hergestellt, das ist also gleichzeitig ein soziales Projekt. Die Stoffbeutel kann man immer wieder verwenden, immer wieder waschen, und sie nehmen nicht viel Platz weg in der Tasche. Ich habe immer eine in meiner Manteltasche, dann funktioniert auch der Spontaneinkauf. Da kann z. B. Gemüse rein, ein Kopfsalat, und in die größeren passt auch ein Brot.

MD: Jetzt sind diese Themen rund um Plastik, Abfälle und Ressourcenschonung bei dir ganz im Vordergrund. Wie bist du denn darauf gekommen, was war der Auslöser dafür, dass du dich damit beschäftigst? Und bist du auch in anderen Lebensbereichen sehr ökologisch eingestellt, fährst viel mit dem Fahrrad usw.?

AW: Ich bin eher so was dazwischen! Die Idee für den Laden ist tatsächlich entstanden, weil ich mich schon seit Jahren über die unnötige Verpackung ärgere. Auch beim Thema bedarfsgerechtes Einkaufen sah es in der Vergangenheit für mich und auch andere eher schlecht aus. Was mich besonders ärgert sind so Dinge wie eine Zahnpastatube, die zusätzlich in einem Karton steckt. Den Karton habe ich bisher immer im Laden gelassen, aber das ist doch nur eine Verlagerung des Problems. Damit meine ich, dass ich zwar den Karton nicht nach Hause tragen muss, aber auch die Firma muss ihn entsorgen.

MD: Also das Prinzip erst Müll vermeiden ...

AW: Genau. Precycling statt Recycling heißt es auch. Precycling- Denk nach bevor du kaufst, das hab ich irgendwo mal gelesen und fand diesen Satz sehr passend. Bei manchen Produkten hat man allerdings keine Wahl. Mein Beispiel ist hier Frischkäse. Diesen bekommt man ausschließlich in Plastik. Angefangen hat es, wie schon gesagt, wirklich mit dem Ärger. Eigentlich wollte ich mich mit einer anderen Sache selbständig machen und habe mich im Internet zum Thema Businessplan erkundigt. Durch Zufall bin ich auf einen Unverpackt Laden in Berlin gestoßen, und dieses Thema hat mich sofort interessiert und begeistert. Plötzlich sah ich die Antwort auf meine Fragen, wie sich dieser tägliche Ärger über die unnötige Verpackung vermeiden lässt. Mit meinem Mann habe ich dann einen Workshop im Unverpackt in Kiel besucht. Wir wollten sehen wie sich das anfühlt, ob es tatsächlich realisierbar ist. Es hat sich gut angefühlt, und für uns war schnell klar: Das machen wir! Natürlich steckt ganz viel Planung und Arbeit dahinter, und beides liegt noch vor uns. Trotzdem: Die Idee zu verwirklichen war entscheidend. Ich freue mich selbst auf meinen eigenen Laden, vielleicht mehr als andere. Endlich kann ich dann auch bedarfsgerecht einkaufen, eben nur das, was ich brauche.

MD: Bei uns sind Verkehrsfragen doch immer sehr beliebt und der Bahnhofvorplatz war schon öfters in der Diskussion, weil Geschäftsleute dagegen waren, dass dort keine Autos mehr fahren sollten. Die Frage ist also auch, mit welchem Verkehrsmittel gestaltet sich der Einkauf möglichst umweltfreundlich — klar, dass das Einkaufen mit dem Auto sämtliche ökologischen Pluspunkte etwa durch Bioprodukte wieder zunichte macht. Weil am Bahnhofsvorplatz nur wenige Parkplätze sind, wird dein Laden wohl eher Kunden ansprechen, die zu Fuß, mit dem Rad oder der Bahn unterwegs sind, oder?

AW: Ein paar Parkplätze vor den Arkaden gibt es schon. Viele sind vielleicht gerade auf dem Heimweg und fahren dann kurz noch vorbei oder wohnen nicht so zentral, dass sie mit dem Fahrrad oder zu Fuß kommen können. Ich wohne z. B. in Hagsfeld und brauche mit dem Zug nur wenige Minuten bis zum Hauptbahnhof, auch mit der Bahn bin ich sicher schneller als mit dem Auto.

MD: Ich hoffe, es kaufen dann ab Mai viele Kunden ganz umweltfreundlich im Unverpackt-Laden ein. Herzlichen Dank für das Gespräch und viel Erfolg!

Unverpackt Karlsruhe, Bahnhofplatz 8
www.unverpackt.info

Mari Däschner

Dies ist ein Artikel der Karlsruher Zeitschrift umwelt&verkehr 1/16

Stand des Artikels: 2016! Der Inhalt des Artikels könnte nicht mehr aktuell sein, der Autor nicht mehr erreichbar o.ä. Schauen Sie auch in unseren Themen-Index.

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