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Die Kombilösung wird eröffnet

U-Strab-Eingang beinahe enthüllt; Fotos: Heiko Jacobs
Beton im historischen Umfeld ...

... daher ist es an der Zeit für einen Rückblick und Ausblick in die Zukunft. Vieles ist in alten u&v- bzw. kreisfairkehr-Ausgaben nachlesbar, aber eine erste Gesamtbilanz fehlt noch.

Mit vielen Argumenten hatten die Gegner wohl Recht, sofern diese Gründe schon haben eintreten können. Denn bspw. der von vielen Gegnern prognostizierte Niedergang der Kaiserstraße wegen der fehlenden Belebung durch die Bahn kann noch kommen oder ausbleiben oder nur schwer von Corona- und Internet-Effekten zu trennen sein, man wird sehen? Aber anderes ist schon passiert:

Zuerst denkt man da an Kosten- und Zeitplanüberschreitungen. Zum Bürgerentscheid 2002 wurden Gesamtkosten von 530 Mio. Euro angekündigt, Anteil der Stadt 15 % = 80 Mio. €. Im Förderantrag ging man nur noch von insgesamt 495 Mio. € aus, aber schon von ca. 152 Mio. € Eigenanteil (> 30 %) da die Förderquote um 5 % sank und nicht alle Kosten förderwürdig sind. Aus 2020 stammt die letzte Schätzung über ca. 1,5 Mrd.: eine Verdreifachung. Dass der prozentuelle Eigenanteil sinkt, ist kaum anzunehmen, also wird sich der ca. versechsfachen gegenüber 2002. Wäre die erste Schätzung des Eigenanteils noch halbwegs aus dem Stadtwerke-Überschuss zu finanzieren gewesen, wird mit der vorläufig auf 22,5 Mio. € festgelegten Pacht des Tunnels zzgl. Betriebskosten nun wohl hauptsächlich der städtische Haushalt belastet, der gerade aus anderen Gründen stark ins Minus rutscht. Und das am 12.12.21 in Betrieb gehende Netz riecht schon stark nach Sparnetz verglichen mit dem 2002 versprochenen Liniennetz. Während die Qualität des Stadtbahnnetzes annähernd bleibt, sinkt die Erschließungsqualität für viele, nur an die innerstädtische Tram angeschlossenen Stadtteile deutlich.

Auch die Bauzeiten wurden überzogen, vor allem beim Stadtbahntunnel, man erinnert sich vielleicht noch an das nicht gehaltene Versprechen, den Stadtgeburtstag in der City beinahe baustellenfrei feiern zu können. Haltestellenbaustellen sollte man auch kaum bemerken können, 2 Jahre nur, mindestens 2 von 3 Südabzweigen sollten jeweils offen sein, der dritte nur kurz unterbrochen sein, die Ettlinger Straße hätte bis zur Eröffnung wieder eine Bahn haben sollen etc. Es kam jahrelanger Busverkehr dort und viel mehr Behinderungen durch Baustellen. Der Umbau der Kriegsstraße, für viele der wichtigere Projektteil, stand nach Kritik des Bundesrechnungshofes lange auf der Kippe, vor allem weil man den teuren Autotunnel unbedingt aus dem ÖV-Topf finanzieren wollte. Als man ihn endlich bauen durfte, lief das dort aber relativ komplikationslos und flott.

Beide Projektteile werden nun fast gleichzeitig fertig, so entfällt leider auch der Parallelbetrieb Tunnel und Gleise oben in der Kaiserstr., von dem wir uns erhofft hatten, dass man so merkt, dass ein Restverkehr kaum noch stört. Somit bleibt der für den ÖV wesentliche Nachteil, dass die Kapazität der bisherigen Hauptachse des ÖV deutlich sinkt. Wie man so den aktuellen Beschluss des Landes umsetzen will, den Anteil des ÖV zu verdoppeln, ist uns weiterhin ein großes Rätsel. Evtl. klappt es auch mit besserem ÖV am Stadtrand, der dann die Pendler besser in die Gewerbegebiete bringt? U. a. steht ja die Strecke Neureut —  Mühlburg endlich zur Reaktivierung an, übrigens ein Baustein der U-Strab-Alternativen.

Bisher jedenfalls hat der Bau dem ÖV eher geschadet: Ständig wechselnde Umleitungen, Verspätungen und Anfälligkeit bei Störungen durch fehlende Ausweichstrecken haben für einen Fahrgastrückgang gesorgt, auch wenn dafür der demographische Wandel beschuldigt wird. Zum Glück wurde auch der Autoverkehr behindert, profitiert hat also der Radverkehr, dessen Anteil sich, auch dank Ausbauten, erhöhte, was uns freut. Wir hoffen natürlich, dass trotz Sparnetz der ÖV-Anteil wieder steigt, der hohe Radanteil aber bleibt und der Bahnverkehr im Tunnel zuverlässig läuft. Denn beim ursprünglich geplanten umfangreicheren Netz hatten wir da starke Zweifel, für den Fall alter und eigentlich erhoffter Wachstumsraten wären die Kapazitätszweifel wieder da. Wie groß die Akzeptanz des Tunnels sein wird, generell bzw. nachts, wenn einige Nutzer unten eher Ängste haben würden, muss sich noch zeigen, die Gestaltung ist für letzteres immerhin wohl recht hell und freundlich. Hoffen darf man auch auf die versprochene Beschleunigung des ÖV durch den Tunnel, da sich beim Sparnetz die Bahnen wohl weniger gegenseitig blockieren.

Die Baustellenzeit ist aber noch nicht beendet, denn die Kaiserstraße soll ja noch die Gleise verlieren und umgestaltet werden. Das wäre dringend nötig, ihre Attraktivität hat stark gelitten. Leider sollen dafür ausgerechnet die noch erhaltenen Bäume fallen. Im Moment laufen das Projekt „ÖRMI“ (Öffentlicher Raum und Mobilität Innenstadt) und zwei Sanierungsprojekte etc. Die dort schon gezeigten Visionen lassen durchaus hoffen, dass die City trotz Online-Handel und Corona-Umwälzungen wieder ein starker Standort wird, der für die Bürger ein interessantes Ziel sein wird und somit über Steuereinnahmen wieder einen wichtigen Beitrag für den Stadthaushalt leisten kann. Unter anderen scheint die autofreie Umgestaltung der nördlichen Karlstraße, für die wir uns schon seit Jahrzehnten einsetzen, in greifbare Nähe zu rücken, die Machbarkeit scheint nachgewiesen. Die Erfordernis ist auch da, nicht zuletzt wegen der Kombilösung, denn wegen dieser kann die anstehende Einschleifung der S31/S32 in die Innenstadt nicht, wie vor 20 Jahren geplant, am Ettlinger Tor zum Hbf abbiegen, sondern muss über den Europaplatz fahren, weswegen dort eine dafür zu verlegende Haltestelle die Karlstraße für Autos weitgehend blockieren wird. Insgesamt will ÖRMI mehr gesunde Mobilität (Fuß- und Radverkehr und ÖV), mehr Grün, mehr Aufenthaltsqualität und mehr Leben in die City bringen. Ziele, die unseren entsprechen. Und alles für alle (barrierefrei etc.) und vorbereitet auf den Klimawandel. Und die City soll, wenn schon nicht ganz autofrei, dann doch immerhin autoarm werden. Diese Ziele und viele Ideen sind nicht neu, man findet sie oft schon in den Unterlagen von „City2015“, der Bürgerbeteiligung zur Kombilösung, die nach dem Bürgerentscheid vergessen schien. Zusammen mit neuen Konzepten und Lösungen darf man nun hoffen, dass es umgesetzt wird, sofern uns die auch durch die U-Strab angespannte Haushaltslage nicht dazwischen kommt. Daumen drücken!

Heiko Jacobs

Dies ist ein Artikel der Karlsruher Zeitschrift umwelt&verkehr 2/21

Stand des Artikels: 2021! Der Inhalt des Artikels könnte nicht mehr aktuell sein, der Autor nicht mehr erreichbar o.ä. Schauen Sie auch in unseren Themen-Index.

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