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Zeichen des Klimawandels in Karlsruhe

Das Mauerglaskraut mit seinem oft rötlich überlaufenen Stängel wächst auch in Karlsruhe an manchen Hauswänden. Foto: Mari Däschner

Wir stehen mitten im globalen Klimawandel. Belege dafür gibt es reichlich: Der global messbare Temperaturanstieg der letzten Jahre, die Erwärmung der Meere, der Anstieg des Meeresspiegels, die Zunahme von Westwinden in den mittleren Breiten, intensive Dürrezeiten in den Tropen und Subtropen, das Abschmelzen von Gletschern und Schneeflächen und die Häufung von Starkniederschlägen sind nur eine Auswahl von Erscheinungen, die zeigen, dass sich das Klima der Erde rasch verändert. Schon längst kennen wir die Ursachen dafür. Eine herausragende Rolle spielt die starke Zunahme des CO2-Gehaltes der Atmosphäre von 280 ppm Mitte des 18. Jahrhunderts auf 380 ppm im Jahr 2005, wobei die Zuwachsrate der letzten zehn Jahre besonders groß war.

Doch was bedeutet der Klimawandel nun für Karlsruhe? Mit seiner Lage im wärmebegünstigten Oberrheingraben ist vor allem die prognostizierte Temperaturzunahme bis zum Ende des 21. Jahrhunderts relevant. Es wird davon ausgegangen, dass es dann zu einer Verdoppelung der heißen Tage (über 30°C) auf 32 Tage pro Jahr kommen wird. Unsere Region wird in Zukunft häufiger sowohl von sommerlichen Hitzeperioden als auch von Starkregenereignissen betroffen sein. Der Rekordsommer 2003 war nur ein Vorgeschmack darauf, wie künftige Sommer vermutlich sein werden. Ein Blick auf die Klimadaten der letzten Jahrzehnte lässt ebenfalls den Trend erkennen, dass es immer wärmer wird.

Aber auch eine genauere Betrachtung der belebten Natur liefert Hinweise auf den Klimawandel. Bereits heute gibt es eine Reihe wärmeliebender Tier- und Pflanzenarten in unserer Region, die sich erst in den letzten Jahren oder Jahrzehnten auffallend ausgebreitet haben. Beispielsweise nimmt der Efeu (Hedera helix) als Zeiger für wintermildes Klima seit den 80er Jahren immer stärker zu. Andere wärmeliebende Arten, die sich bei uns zunehmend wohl fühlen sind das Bartgras (Botriochloa ischaemum) und das Mauerglaskraut (Parietaria judaica). Besonders die mit dem Klimawandel einhergehende Verlängerung der Vegetationsperiode wirkt sich dabei fördernd auf die Pflanzen aus, da sie dann beispielsweise ausreichend Zeit für die Fruchtreife haben. Dieser Aspekt ist für einige Neophyten (gebietsfremde Pflanzenarten, die nach 1492 durch den Menschen eingebracht wurden) wichtig, etwa für die aus dem Mittelmeerraum stammende Aleppo-Hirse (Sorghum halepense) oder die Beifuß-Ambrosie (Ambrosia artemisiifolia), die wegen ihres Pollens unter Allergikern sehr gefürchtet ist.

Das Bartgras könnte in Zukunft durch den Klimawandel profitieren. Foto: Mari Däschner

Problematisch können solche sich ausbreitenden Arten jedoch nicht nur durch ihre direkten negativen Folgen auf Menschen sein, wie es bei der zuletzt genannten Art der Fall ist. Sehr viel unauffälliger sind die Verdrängungseffekte zwischen den verschiedenen Pflanzenarten. So kann es passieren, dass sich vorhandene Arten zum Teil nicht an die Klimaveränderungen anpassen können, den Konkurrenzkampf mit den an Wärme angepassten Arten verlieren und schließlich abwandern oder aussterben. Ein Verlust an Biodiversität wäre die Folge, wenn die Temperaturerhöhung zu stark ausfällt. Während eine moderate Temperatursteigerung von maximal 1°C vermutlich zu einem Artenzuwachs in Mitteleuropa führen würde, rechnet man bei einer Zunahme von 1,8°C bereits mit einem Artenverlust von 30%!

Ebenso lassen sich im Tierreich zahlreiche Beispiele finden, die die Klimaveränderung belegen. Viele Zugvogelarten kommen inzwischen früher im Jahr aus ihren Winterquartieren zurück oder verbringen den Winter gleich bei uns. Manche Arten breiten sich immer weiter Richtung Norden aus, wie zum Beispiel der Bienenfresser (Merops apiaster). Auch besonders wärmeliebende Spinnenarten, etwa die Wespenspinne (Argiope bruennichi) und gebietsfremde Insektenarten wie Schmetterlinge, Laufkäfer, Stechimmen und Libellen, wie die Feuerlibelle (Crocothemis erythraea) können immer häufiger in unserer Region beobachtet werden. So ist die Gottesanbeterin (Mantis religiosa) schon bis in den Karlsruher Raum vorgedrungen. Auch der aus dem Mittelmeerraum stammende Spinnenläufer (Scutigera coleoptrata), ein Vertreter der Hundertfüßer, wurde bereits vor Jahren in Karlsruhe entdeckt.

Das Netz der hübsch gezeichneten Wespenspinne hat ein typisches zickzackförmiges Gespinstband, das sogenannte Stabiliment. Foto: Luis Scheuermann

Welche Auswirkungen diese Einwanderer im einzelnen auf bestehende Lebensgemeinschaften haben werden, lässt sich nicht genau vorhersagen. Für uns sind fast alle genannten Arten zunächst keine direkte Bedrohung. Die Ausbreitung von wärmeliebenden Parasiten im Oberrheingebiet kann allerdings auch zu einer gesundheitlichen Gefahr für den Menschen werden. Zecken und Stechmücken übertragen beispielsweise immer häufiger gefährliche Krankheiten. Mit der Burgundischen Pforte verfügt der Oberrheingraben außerdem über einen geeigneten Invasionspfad für bisher gebietsfremde Organismen, etwa den als Krankheitsüberträger bekannten Tigermoskito (Aedes albopictus), der 2007 bei Rastatt entdeckt wurde.

Der Klimawandel findet also längst statt. Wir stehen nun in der Verantwortung, alles zu tun, um die negativen Folgen der Erderwärmung so gering wie möglich zu halten. Jeder einzelne von uns kann mit seinem Verhalten einen Beitrag zum Klimaschutz, zur CO2-Einsparung leisten — ob beim Heizen der Wohnung, durch umweltfreundliche Mobilität, Wechsel zu einem Ökostromanbieter oder durch Unterstützung des Bioanbaus in der Landwirtschaft ... es gibt eine Fülle von praktischen und alltagstauglichen Beispielen zu Handeln. Wir müssen es nur sofort tun.

Mari Däschner

Dies ist ein Artikel der Karlsruher Zeitschrift umwelt&verkehr 3/09

Stand des Artikels: 2009! Der Inhalt des Artikels könnte nicht mehr aktuell sein, der Autor nicht mehr erreichbar o.ä. Schauen Sie auch in unseren Themen-Index.

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