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DB-Strecke bei Ettlingen-West noch ohne Lärmschutz |
Der 30. April ist der internationale Tag gegen den Lärm. Auch die Deutschen sind von dieser modernen Plage in hohem Maße betroffen. Etwa jeder fünfte Deutsche ist hörgeschädigt. Fast 80 % der Bürger sind in irgendeiner Form von Lärmbelästigungen durch Autos, Flugzeuge, Industrie, aber auch durch lautstarke Musik in Diskotheken betroffen. Der VCD-Bundesvorstand hat im Jahr 2002 eine Kampagne gegen den Lärm gestartet und das Heft Oktober/November 2002 der Verbandszeitschrift "fairkehr" widmete sich dem Verkehrslärm. Am 16.1.2004 ist im Umweltforum Berlin die Abschlussveranstaltung zum VCD-Projekt "Maßnahmen gegen Verkehrslärm" abgehalten worden.
Bei Befragungen gibt ein Großteil der Betroffenen den Flugzeuglärm und den Bahnlärm als am meisten störend an, obgleich der meiste Lärm durch die Autos entsteht. Freiwillige Leistungen der Bundesregierung für die Lärmsanierung an Fernstraßen werden schon seit 1976 gewährt. Um die schlimmsten Beeinträchtigungen durch den Lärm entlang bestehender Schienennetze zu mildern, stellt das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen (BMVBW) seit dem Jahr 1999 jährlich 51 Millionen Euro zur Verfügung. Mit der Ausführung der Maßnahmen ist die DB ProjektBau GmbH, eine Tochtergesellschaft der DB, beauftragt. Die Förderrichtlinie sieht vor, dass Lärmschutzmaßnahmen durchgeführt werden können, wenn der Lärm in reinen und allgemeinen Wohngebieten am Tag größer als 70 dB(A) oder bei Nacht größer als 60 dB(A) ist.
Der Lärm wird am meisten beeinflusst durch die Luftdruckstärke und das Frequenzspektrum der Schallquelle und durch die Entfernung von der Schallquelle aber auch durch die Hindernisse für die Schallausbreitung, zum Beispiel Objekte, Windrichtung, Windgeschwindigkeit, Feuchtigkeit der Luft,... Der Geräuschpegel von 60 dB(A) wird als "mäßig laut" eingestuft und herrscht zum Beispiel in Restaurants und Warenhäusern. Der Geräuschpegel von 70dB(A) wird als "starker Verkehr" eingestuft. In einer Durchgangsstraße erzeugen Personenautos in 5 Meter Entfernung einen Schalldruck von 70 dB, wenn sie mit der Geschwindigkeit von 50 km pro Stunde vorbei fahren. Bei denAngaben 60 dB(A) und 70 dB(A) handelt es sich nicht um Spitzenwerte, sondern um einen Mittelungspegel, der im 16. Bundes-Immissionsschutz Gesetz festgelegt ist.
Die zeitliche Lärmbelastung ist durch den Fahrplan der Züge bekannt. Um die räumliche Verteilung des Lärms um den Gleiskörper herum zu erlangen, wurden Rechenprogramme hergestellt und mit Messungen verifiziert. Danach wurde die Lärmbelastung entlang der vielen tausend Kilometer der Altbaustrecken in der Bundesrepublik berechnet. Die größten Probleme bereitet der Lärm von Güterzügen vor allem während der Nacht. Inzwischen sind 900 Ortsdurchfahrten bekannt, die den Förderrichtlinien des BMVBW entsprechen. Zwei von den kritischen Ortsdurchfahrten sind in Ettlingen-West und im Ettlinger Stadtteil Bruchhausen.
Die Wissenschaft hat die Lärmprobleme untersucht und das Wissen über die Lärmursachen und die Lärmvermeidung ist enorm gewachsen. Eine allzeit und überall wirksame Maßnahme wäre die Verlangsamung des Verkehrs. Bei der "Zeit ist Geld"-Mentalität der meisten Zeitgenossen scheint es unmöglich, den Verkehr zu entschleunigen.Anstatt die Geschwindigkeit zu reduzieren, wird meistens auf anderen Wegen versucht, mit dem steigenden Krach zurecht zu kommen. Beim Bau der Neubaustrecken der Bahn werden die neuen Erkenntnisse berücksichtigt Die Neubaustrecken der Bundesbahn erfüllen die gesetzlichen Anforderungen der Umweltverträglichkeit und sie erzeugen erheblich weniger Lärm als die Altbaustrecken. Bei neuen Strecken werden Brücken und der Gleisunterbau lärmmindernd gebaut. Auch werden die Strecken vermehrt unter der Erdoberfläche oder in Mulden geführt und ansonsten wird die Umgebung kostengünstig mit Lärmschutzwällen und Lärmschutzwänden abgeschirmt. Ein Waldstreifen mindert erst ab einer Breite von etwa 100 Meter den Lärm. Moderne Lärmschutzwände sind eine wirksamere Hilfe, um das Leben für die Betroffenen erträglicher zu gestalten, und ich befürworte die vorgesehenen Reparaturmaßnahmen an der Natur entlang der Bahngleise in Ettlingen trotzderhohenfinanziellenAufwendungen. Man darf auch nicht vergessen, dass eine Lärmschutzwand Nachteile mit sich bringt. Sie wird nie dem ästhetischen Gefühl genügen können. Ich habe mich neben der 4 Meter hohen, im Winter unbewachsenen Wand recht eingeengt gefühlt.
Um den Lärm beim Entstehen zu vermindern, werden die Unebenheiten der Gleise regelmäßig abgeschliffen. Bei den Personenzügen wurden die Graugussbremsklötze durch Verbundstoffbremsklötze ersetzt. Das hat zur Folge, dass man manchmal als Reisender beim Aussteigen aus dem Zug nicht mehr das durchdringende Quietschen der Bremsen hört, sondern vielleicht einen etwas beißenden Geruch bemerkt. Die DB ersetzt zur Zeit auch bei den Güterzügen alle alten Graugussbremsklötze.
Da auf der Rheintalstrecke von Karlsruhe über Bietigheim nach Rastatt mehr Wohngebiete berührt werden als auf der Strecke von Karlsruhe über Ettlingen nach Rastatt, wurde der lärmkritische Güterzugverkehr inzwischen auf den Zweig über Ettlingen verlegt und hier die Lärmsanierung entlang der Strecke eingeleitet.
Die Planungen sehen vor, die bestehende Lärmschutzwand westlich der Bahnlinie und nördlich der Bundesbahnhaltestelle Ettlingen-West nach Norden bis zur ehemaligen Bulacher Straße um 360 Meter zu verlängern. In Bruchhausen sehen die Planungen vor, die bestehende Lärmschutzwand östlich der Bahnlinie um 290 Meter nach Norden und um 230 Meter nach Süden zu erweitern. Der voraussichtliche Baubeginn ist im Spätherbst 2004.
Die oberen Geschosse werden von der etwa 2 Meter hohen Lärmschutzwand wenig abgeschirmt und sollen vor allem mit wirksameren Schallschutzfenstern und schallgedämmten Lüftern versehen werden. Aber es können auch Türen und Hauswände gegen Lärm gedämmt werden. 75 % der Umbaukosten werden ersetzt. Zur Zeit sind die Häuser, die bis etwa 100 Meter von den Gleisen entfernt stehen, nachts einem Lärmpegel von mehr als 60 dB(A) ausgesetzt. In Ettlingen sind etwa 130 Gebäude betroffen. Die betroffenen Gebäude sind vor gar nicht langer Zeit entlang der Bahnlinie erstellt worden und in Bruchhausen liegt ein neu ausgewiesenes Baugebiet neben der Bahnlinie, wo die Lärmschutzwand gebaut werden soll.
Bei der Besichtigung des Streckenabschnitts, an dem die Lärmschutzwand gebaut werden soll, sind innerhalb einer halben Stunde zwei Güterzüge und ein ICE vorbei gerauscht. Sie verursachten in etwa 5 Meter Entfernung einen Lärm von 95 bis 100 dB. Im Vergleich dazu hörten sich die zwei Stadtbahnen leise an. Ich habe zwei Anwohner um ihre Meinung zu den neuen Lärmschutzplänen befragt. Beim ersten wurde das Wohnhaus schon vor vielen Jahren mit Schallschutzfenstern ausgestattet und das Familienleben spielt sich innerhalb des Hauses ab. Er und seine Familie haben sich an den Lärm gewöhnt und mit der Situation arrangiert.
Der zweite Mann wusste gar nicht um die Sanierungsmaßnahmen. Er wohnt mit Frau und Kind in einem Mehrfamilienhaus etwa 100 Meter von der Bahnlinie entfernt und im Bereich hinter der schon vorhandenen etwa 4 Meter hohen Schallschutzmauer. Er fühlt sich durch die gelegentlichen Bodenerschütterungen beeinträchtigt. Der Bahnlärm, den er nur im Unterbewusstsein wahrnimmt, stört ihn wenig. Dieser Mann fühlte sich zu diesem Zeitpunkt durch den Dauerlärm der Autobahn mehr beeinträchtigt als durch die Bahn, weil er mit seiner kleinen Tochter im Kinderwagen nicht ungestört sprechen konnte. Die Messung mit dem Messgerät ergab für den Autobahnlärm etwa 52 dB Dauerschallpegel. Beim Sportflugzeug, welches diesen Ort zufällig überflog, zeigte das Messgerät 65 dB an. Einen weiteren unangenehmen Lärm verursachte ein heranbrausender Motorrollerfahrer.
Wie sehr die Frequenz der Schallschwingungen für das Lärmempfinden bedeutend ist, habe ich erfahren, als ein Auto, in dem der Fahrer laute Musik eingestellt hatte, vorbei fuhr. Das Messgerät zeigte keinen erhöhten Ausschlag, aber ich nahm die tiefen Basstöne als besonders störend wahr. Für das Empfinden des Schalls als Belästigung ist nicht nur der physikalisch messbare Schalldruck maßgebend, sondern vor allem auch das Frequenzspektrum, die Konstitution und das Hörvermögen der Betroffenen und die persönliche Einstellung zum Lärm. Dem Problem Lärm ist schwer beizukommen, weil Lärm bei den Verursachern als Zeichen der Vitalität und Energie positiv besetzt ist. Allgemeinen gilt, dass Lärm vor allem dann störend ist, wenn die anderen den Lärm verursachen! Die Befürworter ertragen größeren Lärm als diejenigen, die sich zu Unrecht dem Lärm ausgesetzt glauben.
Der VCD Bundesverband sorgt sich weiterhin um das Problem des Verkehrslärms und man kann von dort Informationen zu diesem Thema bekommen und auch einen "Lärmkoffer" ausleihen.
Auch die Broschüre "VCD Thema: Ruhe bitte!" kann beim VCD-Bundesverbandangefordertwerden. VCD e.V.
Eifelstraße 2
53119 Bonn.
Telefon 0228/98585-75
Fax 0228/98585-10
www.vcd.org
Beim VCD-Kreisverband Karlsruhe in der Kronenstraße 9 kann das Lärmmessgerät ausgeliehen werden.
Dies ist ein Artikel der Karlsruher Zeitschrift umwelt&verkehr 1/04
Stand des Artikels: 2004! Der Inhalt des Artikels könnte nicht mehr aktuell sein, der Autor nicht mehr erreichbar o.ä. Schauen Sie auch in unseren Themen-Index.