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In letzter Zeit werden diese wieder häufiger diskutiert; Grund für uns, sie wieder zu betrachten. Begründet werden sie “lokal”: Entlastung für die Hagsfelder, Abkürzung für die Lkws zur Autobahn, Entlastung der Südtangente, Auflösung des Staus aus der Pfalz und verstärkt die Aufrechterhaltung des Verkehrs bei einer Sanierung der Brücke.
Werfen wir einen Blick auf das abgebildete europäische Autobahnnnetz: Von Atlantik und Nordsee her mit seinen Häfen und von Zentren wie Paris und Brüssel führen mehrere Routen ins südliche Osteuropa und nach Süddeutschland: im Norden A3 und A45, in der Mitte A6 und A61. Dann gibt es noch die südlichste Route nördlich der Alpen mit der A8. Von der Nordsee käme man über A60 und A62, von Paris über Saarbrücken –- wenn, ja wenn da nicht zwei Lücken wären: Im Pfälzer Wald und unser Karlsruhe! Für den Pfälzer Wald gab es mal die Planung, westliche und östliche A8 zu verbinden (siehe autobahn-online.de). Dies ist zum Glück gestorben, dafür plant man scheibchenweise den autobahnähnlichen B 10-Ausbau (siehe bi-queichtal.de) im Pfälzer Wald. Und für den Engpass Karlsruhe plant man ja Nordtangente und 2. Rheinbrücke! Der ADAC hat in einer Studie festgestellt, dass der Pkw-Verkehr mittlerweile stagniert und nur noch der Lkw-Verkehr wachsen wird. Und genau eine solche transeuropäische Schwerverkehrsachse soll nach einigen Politiker durch den Hardtwald!
reichen jetzige Brücke und Südtangente völlig aus. Nach einem Anstieg von 65.000 Fahrzeugen/Tag in 1991 auf 70.000 in 1996 und 80.000 in 1991 gingen die Zahlen 2001 und 2002 auf 76.000 wieder leicht zurück. Interessanterweise staut es sich ja eher auf der dreispurigen Rheinbrücke (72.500 Kfz 1995) als auf dem stärker belasteten zweispurigen Abschnitt B36 - Bulacher Kreuz (1995 bis zu 84.500 Kfz). Würde man einen dreispurigen Ausbau dieses Abschnittes fordern, wäre das noch nachvollziehbarer als eine 2. Rheinbrücke. Und wir haben nicht prinzipiell zu wenig Brücken in der Region, das war ja schon Thema im u&v 1/03.
Da die Argumentation mit den Verkehrsprognosen offenbar zu wackelig ist, wird nun immer der Teufel in Form der drohenden Vollsperrung bei der in ca. 10 Jahren nötigen größeren Sanierung an die Wand gemalt. Dafür braucht man Ersatz und für die Brücke braucht man dann die passende Anbindung in Form der Nordtangente...
Rheinbrücke. Foto: J. Meister |
Mit unserer Rheinbrücke haben wir in der Tat ein Problem. Im Gegensatz zu vielen Autobahnbrücken, die eigentlich aus zwei Brücken nebeneinander bestehen, so dass man bei deren Sanierung den Verkehr komplett über eine Hälfte leiten kann, besteht die tragende Konstruktion unserer Rheinbrücke nur aus einem Kasten an gemeinsamen Tragseilen. Sobald nicht nur der Fahrbahnbelag saniert wird, sondern tragende Elemente, muss man sie in der Tat komplett sperren.
Nur hat bisher noch niemand den Umfang der Arbeiten und deren Dauer konkretisiert! Wenn sich die Sperrungen z.B. für den Austausch der drei Seilpakete auf drei Wochenenden beschränken würden, wäre jede Diskussion über Provisorien obsolet.
Könnte das der öffentliche Verkehr auffangen? Derzeitig sicher nicht, denn bis auf die Stadtbahn nach Wörth kann er die Bedürfnisse bezüglich Dichte des Angebots nicht erfüllen. Aber die Sperrung stünde erst in 10 Jahren an. Bis dahin ist die Stadtbahn nach Germersheim gebaut und man könnte weitere Engpässe beseitigen, z.B. die Strecke Wörth-Winden zweigleisig ausbauen.
Ein kleines Rechenbeispiel dazu: Ein normaler Waggon (z.B. ein “Silberling”) oder eine Stadtbahn hat rund 100 Plätze. Mit leistungsfähiger Signaltechnik kann man ca. alle 3 Minuten einen Zug über die Rheinbrücke fahren lassen, also 20 Züge pro Stunde. 10-min-Takt Stadtbahn-Doppelzug nach Wörth-Badepark = 6 Züge / 1200 Plätze, 20-min-Takt Stadtbahn-Dreifachzug nach Germersheim = 3 Züge / 900 Plätze, 20-min-Takt 10 Wagen langer Eilzüge nach Germersheim und Landau = 6 Züge / 6000 Plätze, 20-min-Takt bzw. 30-min-Takt 5 Wagen langer Züge nach Landau und Lauterburg = 5 Züge / 2500 Plätze, zusammen 20 Züge mit 10.600 Sitzplätzen. So bekommt man mit 50 % Stehplätzen bei diesem Szenario ca. 15.000 Personen in eine Richtung pro Stunde mit Zügen über den Rhein.
Zum Vergleich müsste man aus den obigen Kfz/Tag abzüglich Fern- und Lkw-Verkehr und mal der durchschnittlichen Besetzung der Pkw zuzüglich der heutigen Bahnfahrgäste die zu erwartende Spitzenbelastung berechnen. Nicht ganz einfach, aber bei 40.000 Kfz/Tag dürften es kaum mehr als diese 15.000 sein. Karlsruhe hatte 2004 ca. 16.000 Einpendler aus Pfalz und Elsaß als Vergleichsgröße. Es könnte also durchaus klappen, über einen gewissen Zeitraum genug Ersatzkapazität auf der Schiene bereitzustellen. Dazu gehören allerdings auch größere P&R-Plätze und Bus-Anbindungen an die Orte “drüben” einerseits und an die einzelnen Gewerbegebiete abseits der Schiene andererseits und ein Rund-um-die-Uhr-Angebot für die Zeit der Sperrung. Das dürfte alles trotzdem preiswerter sein als eine neue Brücke. Und die Investitionen in den ÖV bleiben auch später nützlich.
Bei der Suche nach einem Standort für eine zweite Rheinbrücke scheiden sich die Geister. Nach dem St.-Florians-Prinzip rutscht sie bei einigen ihrer Anhänger immer weiter nach Norden, um Probleme mit ihrer Basis in den Ortsteilen zu vermeiden. Aber egal wo: man durchschneidet immer irgendwo Siedlungsgebiete oder wertvolle Natur. Irgendwann trifft man dann auf die mit 2x2 Spuren überdimensionierte Germersheimer Rheinbrücke, ein Relikt einer verworfenen Autobahnplanung aus den 70ern. Und je weiter nördlich, desto fragwürdiger wird ihr verkehrlicher Nutzen. Also doch direkt neben der alten? Damit hat man in Wörth Probleme, weil der Raum für eine Verbreiterung der B 10 fehlt. Also eine Brücke, die keine Kapazitätserweiterung zulässt, sondern nur künftige Sanierungen erleichtert. Nun, wenn man Geld zu viel hat... Zwischen Raffinerie und Papierfabrik lautet eine Variante, die auch im Flächennutzungsplan freigehalten wird, aber hat man diese Fläche nicht gerade im Tausch gegen die Untere Hub zur Grünzone gemacht? Und auf Pfälzer Seite landet man vor den Toren Jockgrims, sicher zur Freude der Jockgrimer.
In Karlsruhe braucht die Nordtangente und die 2. Rheinbrücke eigentlich niemand wirklich und man weiß nicht wohin damit. Das Sanierungsproblem muss erst mal detaillierter erläutert werden und es wäre, wie vorgerechnet, im Notfall auch anders lösbar. Das Problem der Lücke im europäischen Autobahnnetz muss ja nun wirklich nicht kurz hinterm Karlsruher Schloss gelöst werden. Man könnte das z.B. auch mit Güterverkehr auf dem zweiten Gleis Wörth-Winden lösen, das man für einen erweiterten Nahverkehr während der Sanierung der Brücke gebaut haben wird.
Dies ist ein Artikel der Karlsruher Zeitschrift umwelt&verkehr 1/05
Stand des Artikels: 2005! Der Inhalt des Artikels könnte nicht mehr aktuell sein, der Autor nicht mehr erreichbar o.ä. Schauen Sie auch in unseren Themen-Index.