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Stadtbahntunnel planfestgestellt und finanziert?

Im Dezember 2008 kam die Kombilösung mit Stadtbahntunnel („U-Strab“) und Kriegsstraße voran: Planfeststellungsbeschluss der U-Strab, Finanzzusage des Bundes, neue Kostenschätzung samt Zusage des Landes für die Mehrkosten. Alles in Butter? Fast ...

Via Landtags-Antrag von Gisela Splett, Grüne, kennt man die alten Zahlen: „Gesamtkosten ... von 495.405.664 Mio. Euro“, „... Nutzen-Kosten-Indikator von 1,186“. Der Nutzen lag also zwischen 587,3 und 587,8 Mio €. Die neue Kostenschätzung nennt 403 Mio. für die U-Strab und 185 Mio. € für die Kriegsstraße, Summe ca. 587,7 Mio. €, also mit 1,000 eine „Punktlandung“. Paar Cent mehr und das Projekt wäre tot? Wäre möglich: „Mit Blick auf die ... Kostensteigerungen hat das Innenministerium ... auf die Äußerung des Bundesministeriums ... hingewiesen, wonach bei gravierenden Kostenerhöhungen die Gefahr besteht, dass ... angesichts des knappen Nutzen-Kosten-Indikators die Fördervoraussetzungen entzogen werden.“ und aus einer Bundestagsanfrage von Sylvia Kotting-Uhl, Grüne: „Dem Bund ist bisher keine neue Kostenkalkulation bekannt.“ Die Zusage des Bundes beruht also auf alten Zahlen!

Interessant auch die Kostenentwicklung für die Stadt: Wurde beim Bürgerentscheid noch von 15 % von 530 Mio. € (79,5 Mio. €) gesprochen, waren es lange Zeit 20 % von 496 Mio. € (99,2 Mio. €) und nun sind es 173 Mio. €, also ca. 30 % der jetzigen Summe, absolut wie relativ verdoppelt. Warum? Vieles sieht der Bund offenbar nicht als zuschusswürdig an. Noch gar nicht mit drin sind Planungskosten, Werbung und diverses andere, wie Leitungsverlegungen.

Und die Kriegsstraße ist unsicher: Es wurde zugegeben, „dass der Bund die Notwendigkeit des Straßentunnels für die Kriegsstraße noch mal überprüfen möchte“, OB Fenrich: „diese Bedingung macht uns keine Sorge“. Wirklich kein Anlass zur Sorge?

Am 15.12. erließ das Regierungspräsidium den Planfeststellungsbeschluss. Bis auf einige kleine Zugeständnisse an Anlieger, denen die Baustellen zu arg auf die Pelle rückten, wurden praktisch alle Einwendungen abgewiesen. Nicht nur der Südabzweig Marktplatz wird 1 Jahr stillgelegt sein, auch der am Kronenplatz ist nun 18 Monate unterbrochen.

„Mit einer straßenbahnrechtlichen Planfeststellung können auch andere als spezifisch verkehrliche Ziele verfolgt werden, etwa eine Minderung des Straßenbahnlärms oder ... auch die Schaffung städtebaulicher Entwicklungsmöglichkeiten.“ So wird auf ein Urteil des Mannheimer Verwaltungsgerichtshofes zu Stuttgart 21 verwiesen, ein Freibrief für einen Missbrauch von ÖV-Mitteln für Stadtverschönerung etc. zu Lasten des ÖV?

Dass es zu Nachteilen kommt, weil Stadtteile vom Marktplatz abgehängt werden, wird zugegeben, muss aber wegen der „gewichtigen Vorteile“ in Kauf genommen werden. An anderer Stelle, wenn es um U-Strab-Alternativen geht, u.a. mit einer anderen Linienführung der Linien 3 und 4 mit ähnlich „negativem“ Resultat, wird das aber als wichtiger Nachteil erwähnt. Zweierlei Maß?

Meines Erachtens noch sehr unbefriedigend ist das Rettungskonzept bei Bränden im Streckentunnel. Nach wie vor steht man auf dem Standpunkt, diese seien nahezu ausgeschlossen, da man ja eine Notbremsüberbrückung habe und im Notfall stets zur Haltestelle oder ins Freie fährt. So hat man schon bei der Gletscherbahn Kaprun argumentiert. Ging aber, wie bekannt, schief ...

Einen Rettungsweg gibt es aber trotzdem, ursprünglich mit zu Niederflur exakt passender Höhe 34 cm geplant, und Auflagen zur Durchgängigkeit und zur Ausfahrbarkeit der Trittstufen auch bei Ausfall des Fahrstroms. Schön! Dass bei 2 der 4 Tunnel-Regelquerschnitte die Stufe am 8 cm zu nahen Rettungsweg anschlüge, Pech ... Ein Vorteil der U-Strab sei ihre Barrierefreiheit (Die neue Barriere „Weg nach unten“ zählt nicht ...). Fährt nun ein Rollstuhlfahrer mit und die Bahn steht wider Erwarten doch brennend im Tunnel, hätte er wegen passender Stufe und Höhe gehofft, er könne sich selbst retten. Alles andere wäre der sichere Tod: Fremdrettung käme zu spät, da der enge Tunnel zu schnell voll Rauch wäre; und ihn paar 100 m tragen? Kaum möglich! Leider hätte er festgestellt, dass der Rettungsweg mit 70 cm zu schmal ist für Rollstühle. Mindestens 90 cm wären nötig. Er wird also abstürzen oder schon neben der Bahn stecken bleiben, so für andere die Rettungswege blockierend! Die Bürgerinitiative „Stoppt den Stadtbahntunnel“ forderte die 75 cm aus der neuen europäischen Bahntunnel-Richtlinie (auch viel zu wenig), aber unser Tunnel sei weder Eisenbahn, noch transeuropäisch: abgelehnt. Dabei wäre in 2 Querschnitten Platz gewesen. Ein Selbstrettungskonzept im Tunnel auch für Rollstuhlfahrer wäre dank Höhe und Stufe etc. greifbar nahe, warum spart man an den fehlenden 2x20 cm? In den letzten Wochen war in der Presse von aufwändigen Nachrüstungen von Straßentunneln zu lesen dank neuer Vorschriften (u.a. KA-Grötzingen und Baden-Baden). Aber wie rüstet man dann einen 40 cm zu klein gebohrten Tunnel nach? PS: Man hat das Stufenproblem nun „gelöst“: 19 cm Höhe statt 34 ...

Heiko Jacobs

Planfeststellungsbeschluss
Kombilösung beim Autor, bei ka-news, im Stadtwiki.

Dies ist ein Artikel der Karlsruher Zeitschrift umwelt&verkehr 1/09

Stand des Artikels: 2009! Der Inhalt des Artikels könnte nicht mehr aktuell sein, der Autor nicht mehr erreichbar o.ä. Schauen Sie auch in unseren Themen-Index.

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