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Französische Dampflok im Bahnhof Phnom Penh |
Abgestellter Personenwagen in Phnom Penh |
Bahnhof Sihanoukville |
Franz. Diesellok von 1969 |
Fotos: Christiane Köhler |
Das Eisenbahnnetz in Kambodscha ist zur Zeit der Kolonisation von den Franzosen erbaut worden. Es ist ein Meterspurnetz mit zwei Streckenzweigen, ausgehend von der Hauptstadt Phnom Penh.
Eine Strecke führt nach Sihanoukville zum größten Überseehafen des Landes im Golf von Siam mit einer Länge von 230 km, und die zweite führt nach Battambang und weiter nach Poipet an der thailändischen Grenze — von dort geht es weiter nach Bangkok in der gleichen Spurweite — und ist bis Battambang 290 km lang und bis Poipet noch einmal 120 km. Die Strecken sind alle eingleisig.
Eine nähere Bekanntschaft mit der kambodschanischen Eisenbahn machte ich in Sihanoukville. Ich lernte dort zufällig den Bahnhofsvorsteher Herrn Lam Sam kennen, der bei der Deutschen Reichsbahn in Gotha mehrere Jahre studiert hatte und ein ausgezeichnetes Deutsch sprach.
Seine Frau brachte uns ein paar Stühle vor die Tür und schon konnte im Angesicht einer dort stehenden fünfzig Jahre alten französichen Diesellokomotive von Alstom auf dem sonst verlassenen Bahnhof das Interview beginnen.
Die Eisenbahn ist von den Franzosen in erster Linie als Güterbahn gebaut worden. Der Personenverkehr in früherer Zeit beschränkte sich auf alle zwei Tage; einen Tag hin, den anderen Tag wieder zurück. Heute gibt es auf der Strecke Sihanoukville — Phnom Penh keinen Personenverkehr mehr, weil der Gleisbau so desolat ist, dass immer mal wieder Entgleisungen vorkommen. Die Holzschwellen werden gestohlen und als Brennholz benutzt, und das Kleineisen wird demontiert und für andere Zwecke benutzt oder als Schrott verkauft. Um das Problem mit den Holzschwellen in den Griff zu bekommen, sollen Versuche mit Betonschwellen gemacht werden. Eingestellt worden auf dieser Strecke ist der Personenverkehr 2003. Zwischen Phnom Penh und Battambang fährt noch ein Touristenzug, am Samstag hin, am Sonntag wieder zurück. Er braucht für die 290 km lange Strecke zehn bis zwölf Stunden! Also nähert er sich seinem Ziel so mit 25 bis 30 km/h. Güterverkehr gibt es auf den Strecken noch; es werden Kohle, Zement und Öl tranportiert. Im Nordosten auf der Strecke nach Thailand findet zur Zeit überhaupt kein Verkehr mehr statt.
Geplant ist, die Strecke nach Sihanoukville mit 8 Mio. US-$ auszubauen, um einen Containerverkehr nach Phnom Phen zu ermöglichen. Die Strecke muss soweit ertüchtigt werden, dass man auf ihr mit 50 km/h fahren kann, denn nur dann ist sie konkurrenzfähig zur Straße. Die Asian Development-Bank (ADB) hat die 8 Mio. genehmigt, und das Geld ist auch schon von Kambodscha angefordert worden. Es wurde festgelegt, dass vom März 2008 an innerhalb von 24 Monaten mit den Bauarbeiten angefangen werden soll. Bis jetzt ist leider noch nichts passiert! Dezidierte Pläne für einen diesbezüglichen Gleisumbau zwischen Bahnhof Sihanoukville und dem Hafen liegen vor. Daran kann es also nicht liegen!
Bewerkstelligt wird der Schienenverkehr mit 20 fünfzig Jahre alten französischen vierachsigen diesel-elektrischen Lokomotiven von Alstom, einer chinesischen Lokomotive, die dauernd kaputt ist und einer tschechischen Lokomotive. Ursprünglich wurden 4 tschechische Lokomotiven geliefert, aber 3 Stück sind durch Minen zerstört worden.
Mit Dampf wurde das letzte Mal 1987 gefahren! Es gibt bei den Zügen keine durchgehende Bremsleitung mehr, sie ist defekt. Auf jedem dritten oder vierten Wagen sitzt ein Bremser. Und auch der Bahnhof von Sihanoukville hat so seine Geschichte: Er ist eine sehr moderne, für die dortigen Klimaverhältnisse optimale aber unvollendete und inzwischen leicht heruntergekommene Betonkonstruktion. Er wurde von der Bundesrepublik Deutschland Anfang der sechziger Jahre in Form eines Entwicklungshilfeprojekts angefangen und fast vollendet. Doch plötzlich unvermittelt wechselte die kambodschanische Regierung ihre Ideologie und schwenkte zur DDR um. Sofort stellte die BRD natürlich ihre Entwicklungshilfe ein — und so sieht der Bahnhof heute immer noch aus! Er ist größtenteils unbewohnt, weil der Innenausbau nicht stattgefunden hat, und eine Zufahrtsstraße gibt es auch nicht.
Zu einer gewissen Berühmtheit, zumindest in Eisenbahnfankreisen, haben es auf den Gleisen der kambodschanischen Eisenbahn die sog. Bamboo Trains gebracht. Das sind rechteckige Platten aus Holz oder, wie der Name schon sagt, aus Bambusrohren zusammengebundene Plattformen, die auf der Unterseite mit vier Achslagern und zwei Radsätzen versehen sind. Einer der Radsätze wird per Treibriemen von einem kleinen Motor aus einer Wasserpumpe, einem Notstromaggregat o.ä. angetrieben. Mit diesen Gefährten werden sowohl Waren wie auch Personen in abgelegene Gegenden tranportiert. Wenn ein Güterzug kommt, wird der Bamboo Train von den Gleisen gehoben, und wenn sich zwei Bamboo Trains kreuzen, darf der beladenere auf den Gleisen bleiben und der leichtere wird herausgehoben. Aber das Straßennetz wird immer mehr ausgebaut und die Bamboo Trains werden durch Mopeds auf der Straße ersetzt. Es gibt aber noch einige, besonders auf der Strecke nach Battambang; sie fahren wirklich durch sehr abgelegene Gegenden.
Es war eine sehr interessante Reise durch Kambodscha, nicht nur, aber auch in Sachen Eisenbahn.
Dies ist ein Artikel der Karlsruher Zeitschrift umwelt&verkehr 2/09
Stand des Artikels: 2009! Der Inhalt des Artikels könnte nicht mehr aktuell sein, der Autor nicht mehr erreichbar o.ä. Schauen Sie auch in unseren Themen-Index.