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Igel fressen sich vor dem Winterschlaf eine dicke Fettschicht an. Alle Fotos: M. Ratzel |
Winter — eine triste, langweilige Jahreszeit? Nein, weit gefehlt! Wer sich warm einpackt, durch die Natur streift und Augen und Ohren aufsperrt, wird begeistert sein und den Winter nicht mehr missen wollen!
Welche Wildtiere wir zu Gesicht bekommen, hängt mit den unterschiedlichen Strategien zusammen, die die Tiere entwickelt haben, um den Winter zu überstehen. Während man ein Teil der Arten, die wir im Sommer beobachten konnten, derzeit nicht antreffen kann, begegnen wir anderen nur jetzt.
Da wechselwarme Tiere (Amphibien und Reptilien, also Frosch, Kröte, Schlange & Co) nicht selbst “heizen” können, also von der Außentemperatur abhängig sind, verbringen sie den Winter in einem Versteck bzw. im Boden eingegraben in Kältestarre. Sie können erst wieder aktiv werden, wenn es wieder wärmer wird. Bei Springfröschen reichen im Frühjahr bereits ca. 3-5 Grad Celsius aus, damit sie — oft schon Januar oder Februar — vom Winterquartier zum Laichgewässer wandern können. Zauneidechsen hingegen verlassen ihr Winterquartier erst an warmen Märztagen, um zunächst bei stundenlangem Sonnenbaden Energie zu tanken.
Ebensowenig wie diese wechselwarmen Tiere bekommen wir im Winter die “Winterschläfer” — etwa Igel, Siebenschläfer und Fledermäuse — zu Gesicht, die quasi “gemästet”, also “rund” in den Winter gegangen sind, um diesen zu verschlafen und erst im Frühling — bis dahin schlank geworden — wieder aktiv zu werden.
Antreffen können wir dagegen von Zeit zu Zeit das Eichhörnchen, das als “Winterruher” zwar ebenfalls schläft, seinen Schlaf aber immer wieder unterbricht, um sich an seine im Herbst angelegten Nahrungsvorräte zu machen. Zu den Winterruhern zählt auch der Dachs. Während die Eingänge seiner Bauten im Sommer durch das Grün von Hecken, Gräsern oder Stauden oft gut versteckt sind, treten seine Wohnanlagen, die gewaltige Ausmaße annehmen können, im Winterhalbjahr besonders in Erscheinung.
Der Fuchs, der gelegentlich mit dem Dachs vergesellschaftet in den gleichen Anlagen lebt, hält weder Winterruhe noch Winterschlaf. Er zählt, wie auch z.B. Reh oder Hermelin, zur Gruppe von Säugern, die ganzjährig aktiv sind. Der sich farblich deutlich vom Sommerfell abhebende, unauffälligere Winterpelz schützt nicht nur vor Kälte sondern ermöglicht eine bessere Tarnung.
Saatkrähen: Alljährlich treffen Ende Oktober Tausende dieser schönen Vögel in Karlsruhe ein, um hier zu Überwintern. Anfang März verlassen sie uns wieder, um in ihre Heimat nach Osteuropa zurückzukehren. |
Vögel verhalten sich nicht einheitlich. Viele Arten — überwiegend Insektenfresser — haben uns im Herbst bereits verlassen: Ihre Strategie ist ein Ortswechsel. Als interessanten Ersatz für diese wegziehenden Zugvögel treffen bei uns aber Wintergäste aus anderen Gefilden ein. So wie viele unserer Zugvögel etwa ins warme Afrika fliegen, so weichen andere, z.B. in Skandinavien und Nordeuropa beheimatete Arten im Winter in den mitteleuropäischen Raum aus, treten bei uns also als Wintergäste auf. So überwintern bei uns z.B. Tausende von Saatkrähen. Im Vergleich zur ganzjährig bei uns lebenden Rabenkrähe hat sie einen hellen, unbefiederten Schnabelgrund. Insbesondere im Morgengrauen und in der Abenddämmerung fallen die großen Saatkrähenschwärme auf, wenn die Tiere zur Nahrungssuche auf Wiesen und Äcker ausschwärmen bzw. in ihre Schlafbäume einfallen. Oft sind Saatkrähen mit Dohlen vergesellschaftet. Letztere heben sich beim Blick zum Himmel deutlich durch ihre geringere Größe von den Saatkrähen ab. An den unterschiedlichen Rufen lassen sich die Arten ebenso leicht unterscheiden: Die Saatkrähen krächzen tief und rauh, die Dohlen lassen einen hellen, melodischeren, fast schnalzenden Laut ertönen.
Auf den Seen stellen sich als Wintergäste Gänsesäger und Schellenten aus Skandinavien ein, die sich gut beobachten lassen. In Wald und Flur begegnen wir z.B. Gruppen von Bergfinken und Erlenzeisigen.
In harten Wintern kann man die Waldohreule auch innerhalb von Siedlungen beobachten. Schlafgesellschaften von etlichen Tieren finden sich oft in Fichtengruppen ein. |
Einige der ganzjährig bei uns bleibenden Vögel, der sogenannten Standvögel, lassen sich im Herbst und Winter besser beobachten, als im Sommer. Während etwa Kernbeißer und Dompfaff durch ihre verborgene Lebensweise im Sommer kaum auffallen, begegnet man ihnen im Winter regelmäßig.
Viele Vogelarten schließen sich zu Trupps zusammen, die besonders auffallen. So machen im Wald z.B. (oftmals gemischte) Gruppen von Schwanzmeisen und Wintergoldhähnchen durch Rufe auf sich aufmerksam, in der Flur oftmals Distelfinken, Grünfinken und Goldammern. Manche Arten dringen gerade in harten Wintern bis in die Innenstadt vor. So lassen sich mit etwas Glück z.B. in Fichten oder anderen, etwas Deckung bietenden Bäumen Schlafgesellschaften von Waldohreulen entdecken.
“Standvogel” Waldkauz: Sein herrlich schauriger Balzgesang ist v.a. im Okt./Nov. sowie Jan/Febr. zu hören — und natürlich in jedem guten Gruselfilm! |
Wer am Stadtrand oder im Dorf lebt und dort eine Scheune oder ähnliches besitzt, sollte — liegt draußen eine Schneedecke — der Schleiereule helfen: Da sie nicht wie etwa der Waldkauz einfach auf Singvögel als Nahrungsquelle ausweichen kann, sondern sich fast ausschließlich von Mäusen ernährt, die ihre Gänge jedoch unter der Schneedecke bauen und somit nicht “verfügbar” sind, brechen Schleiereulenpopulationen in schneereichen Wintern fast gänzlich zusammen. Erschwerend kommt hinzu, dass Schleiereulen keine Fettreserven aufbauen, also auf permanent zur Verfügung stehende Nahrung angewiesen sind. Helfen Sie den wunderschönen Tieren, indem Sie ihnen Einlass in die Scheune gewähren. Bringt man — sofern nicht vorhanden — Stroh aus, können die Eulen hier Mäuse erbeuten.
Entlang von Bächen und kleinen Flüssen läßt sich nun auch viel einfacher als im Sommer die Wasseramsel beobachten, die elegant unter Wasser nach Köcherfliegenlarven und anderem Getier sucht, zwischendurch aber immer wieder auf aus dem Wasser ragenden Steinen zu beobachten ist. Und auch der Eisvogel, unser glitzernder “Edelstein”, taucht — auch fernab von seinem Brutgebiet — regelmäßig an Gräben, Bächen und Teichen auf. So ist er in Karlsruhe im Winter u.a. regelmäßig an der Alb sowie dem See in der Günther-Klotz-Anlage zu beobachten. Kommt es zu anhaltenden Kälteperioden, die zum Vereisen ihrer Gewässer führen, so wandern diese Arten so weit nötig (=eisfrei) ab, kehren aber so bald wie möglich zurück. Strichvögel weichen grundsätzlich je nach Bedarf bzw. Nahrungsangebot aus: Sie ziehen wenige bis z.T. auch einige hundert Kilometer weg, um ebenfalls bald wieder zurückzukehren. Neben den Zug-, Stand- und Strichvögeln gibt es auch Teilzieher: Ein Teil der Tiere bleibt bei uns, ein anderer zieht in den Süden. Bestes Beispiel ist der Star, der ursprünglich reiner Zugvogel war.
Für alle Tiere bedeutet der Winter eine harte Zeit, in der es ums Überleben geht. Ganz wichtig ist gerade in dieser Jahreszeit, dass die Tiere nicht gestört werden. Werden nämlich für den Winter überlebenswichtige, angefressene Fettreserven durch das Erwecken aus dem Winterschlaf oder unnötige Fluchtmanöver vorzeitig aufgebraucht, bringen wir die Tiere in ernsthafte Gefahr. So gilt auch im Winter: Tiere nicht beunruhigen! Wege grundsätzlich nicht verlassen!
Kornelkirsche: Für Gärten die schönere und bessere Alternative zur ökologisch wertlosen Forsytie! |
Die Pflanzenwelt erscheint lediglich auf den ersten Blick trist. Bei genauerem Hinsehen lassen sich schöne Beobachtungen machen. An vielen Gehölzknospen, etwa denen der Kornelkirsche, läßt sich schon jetzt ablesen, ob sie sich im nächsten Jahr als Blüten oder Blätter entfalten werden. In den runden, dicken Knospen stecken Blüten, die dünnen Knospen entwickeln sich zu Blättern. Die Blüten vieler Gehölze werden also nicht etwa erst im kommenden Frühjahr oder Sommer gebildet, sondern sind schon vorhanden und warten - schützend von den Knospenschuppen umgeben - nur auf wärmere Zeiten. Gönnen Sie sich doch einmal mitten im Winter den faszinierenden Anblick einer schönen Kastanien- oder Fliederblüte: Knospe einfach mit scharfem Taschenmesser mittig in Längsrichtung aufschneiden und staunen!
Jasmin: Herrliches Blütenmeer von November bis März für Gärten und Grünanlagen in der Stadt. |
Genauere Blicke sind auch Gehölzknospen und -rinden wert: Sie sind — einmal genau hingeschaut — nicht nur wahre Schönheiten, sondern man kann mit ihnen ebenso zweifelsfrei die einzelnen Strauch- und Baumarten unterscheiden wie im Sommer anhand von Blättern und Blüten.
Manche Gehölze fangen sogar schon im Dezember oder Januar an zu blühen. Unter den “Heimischen” zählt die Haselnuss zu den ersten, unter den Ziergehölzen begeistern Jasmin und Winterschneeball, letzterer betört gleichzeitig mit wunderbarem Duft.
Blütenzauber im Vorfrühling: In Gärten erblühen Christrosen (Helleborus niger), ... |
... an Hecken- und Waldsäumen ihre nahe Verwandte, die bei uns heimische Stinkende Nieswurz (H. foetidus) |
Auch viele Stauden beginnen bereits zu blühen: Die Christrose sowie ihre heimische Verwandte, die wunderschöne Stinkende Nieswurz bezaubern uns schon im Spätwinter und verkünden den kommenden Frühling.
Ein Jahr hindurch durfte ich Sie mit wertvollen Tipps für die Naturbeobachtung zu den verschiedenen Jahreszeiten begleiten. Halten Sie auch jetzt im Winter einmal ganz bewußt die Augen auf — es lohnt sich! Wer die Natur nicht allein sondern lieber unter Anleitung in einer Gruppe genießen möchte, darf sich gerne an mich wenden.
Dies ist ein Artikel der Karlsruher Zeitschrift umwelt&verkehr 3/06
Stand des Artikels: 2006! Der Inhalt des Artikels könnte nicht mehr aktuell sein, der Autor nicht mehr erreichbar o.ä. Schauen Sie auch in unseren Themen-Index.