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Der neue Platz vorm Fahrrad-Drehkreuz in Kronau ... |
... mit diversen Service-Angeboten; Fotos: Holger Hopp |
Wegweisungen der div. Radrouten |
Die Vorbereitungen zum Weltrekord |
Fahrrad-Drehkreuz in Kronau |
Am 14. Oktober wurde das „Fahrrad-Drehkreuz“ eingeweiht und der radelnden Bevölkerung übergeben. Ein Weltrekordversuch wurde zur Eröffnung in Angriff genommen, der auch erfolgreich war.
Als vor einigen Jahren (2017) der Kraichradweg in Kronau (in der Mitte der Strecke zwischen Quelle und Mündung) eröffnet wurde, bemerkten einige in Kronau, dass die Gemeinde ein Knotenpunkt von diversen (touristischen) Radrouten ist, und wollten daraus offenbar etwas mehr machen. In der Ortsmitte gibt es also jetzt neben dem auch erst vor wenigen Jahren eingerichteten Dorfplatz als Veranstaltungsort nun einen weiteren Platz: Das „Fahrrad-Drehkreuz“. Ein Platz mit Bäumen (die allerdings erst noch etwas wachsen müssen), mit überdachten Bänken zum Ausruhen, mit einem Brunnen mit Trinkwasser (auf Fuß-Knopfdruck), Lademöglichkeit für E-Bikes, eine Fahrrad-Reparatur-Station, Ausleihmöglichkeit von Lastenrädern, Schautafeln für die Radrouten, und öffentlichen Toiletten (mit und ohne Behinderungen). Das sieht ja alles ganz gut aus. So etwas hat man sonst nirgendwo, und schon gar nicht an einem eher kleineren Ort ohne größere touristische Bedeutung. Ab und zu gibt es sicher ähnliche Plätze, die in ähnlicher Richtung gemacht sind, aber dann nur einen Teil der in Kronau verfügbaren Ausstattung enthalten oder eher am Ortsrand liegen. Also ist der Gemeinde Kronau etwas Gutes gelungen.
Schauen wir uns erst einmal die dort verlaufenden (touristischen) Radrouten an. Folgende ausgeschilderte Radrouten verlaufen durch Kronau:
Folgende Routen verliefen durch Kronau, sind nicht mehr (vollständig) beschildert:
Nie beschildert waren und sind die Routen des Landkreises Karlsruhe:
Die fünf großen Routen (ohne die örtliche Rundroute LAU) haben in Kronau einen Nord-Süd-Verlauf und unterscheiden sich dort nur durch leicht verschiedene Routenverläufe. Die einzige Route, die von Kronau aus in West-Ost-Richtung verläuft, war der KHW, den es nicht mehr gibt und der weder in der Kronauer Radrouten-Beschilderung, noch als Schautafel im Fahrrad-Drehkreuz auftaucht.
Die „Kreuz“-Funktion kommt aber durch eine Alltagsroute Speyer — Kronau — Sinsheim zustande. Die ist auch FGSV-beschildert, aber im Fahrrad-Drehkreuz scheint das, und damit Alltagsrouten allgemein, keine Rolle zu spielen. Dass das Fahrrad-Drehkreuz eher „touristisch“ bzw. freizeitorientiert gedacht ist, ist ja nicht falsch. Bedenklich wäre aber, wenn in Verwaltung und Politik beim Thema Fahrrad immer noch eher an Freizeitbeschäftigung und weniger an ein Verkehrsmittel für alltägliche Wege gedacht wird. Danach sieht es nämlich manchmal aus.
Dazu kommt, dass sich durch das Fahrrad-Drehkreuz einige Routen verlängert haben. Die ursprüngliche HSB-Route westlich an Kronau vorbei wurde zweimal durch die Führung durch den Ort verlängert. Die zweite Routenanpassung 2021 für das Fahrrad-Drehkreuz vergrößerte den S-Schleifenförmigen Umweg nochmals. Ob solche Zickzack-Routen im Sinne der Radfahrenden ist, ist zweifelhaft, aber bei touristischen Routen leider nicht unüblich. Wer aber täglich z. B. zwischen Forst und St.Leon-Rot pendelt, wird vermutlich ohnehin nicht den Umweg über die Kronauer Ortsmitte machen. Eine Verbesserung der Strecke (insbesondere der Kieswerk-Durchfahrt gefolgt von einem zur Verschlammung neigenden Waldweg) würde da sicher besser ankommen. Da passiert allerdings nichts!
Gleichzeitig mit dem Fahrrad-Drehkreuz ist anderes für den Radverkehr neu entstanden, das auch nicht so richtig zufriedenstellend ist. Die Verbesserung des Übergangs von Fahrbahnführung innerorts nach Seitenraumführung außerorts ist nur zu etwa einem Viertel gelungen (Kronau Ortsausgang Richtung Kirrlach):
Von 10 Hindernissen beim Wechsel von Fahrbahn zum Weg auf rechter Seite (bisher 1x Bordsteinkante im spitzen Winkel auf „Gehweg-Radweg“, 4x Bordsteinkanten in etwa rechtem Winkel an Einmündungen, 2x Zick, 2x Zack, 1x zu schmaler Gehweg-Radweg) sind immerhin ein Teil der Hindernisse entfallen (nun 1 Bodenwelle, 2 Bordsteinkanten, 2xZick, 2xZack, Fahrradmarkierungen auf dem eigentlich gemeinsamen Geh- und Radweg, der dadurch nicht mehr als Gehweg erkennbar ist). Dazu gibt es in Gegenrichtung den Vorteil einer besseren Querungs-Wartefläche für Fahrräder (im Vergleich zur bisherigen Fußgänger-Querung, die weiterhin existiert). Also Verbesserung erkennbar, oder nur sehr eingeschränkt, zumal Doppel- Zickzack und Bordstein-Hindernisse erhalten bleiben.
Außerdem sind mir einige Dinge bei der Radroutenbeschilderung in Kronau aufgefallen, die teils vorher besser waren:
Als Fazit kann man sagen, dass Kronau beim Thema Fahrrad weit voraus ist im Vergleich zu anderen Orten dieser Größenordnung. Allein im Landkreis Karlsruhe gibt mehrere größere Orte, die deutlich weniger Radrouten-Beschilderungen haben als Kronau. Und so ein Fahrrad-Drehkreuz ist durchaus etwas besonderes. Aber in manchen Bereichen geht es dann doch nur langsam oder merkwürdig voran. Letzteres also wie überall.
Zuletzt noch ein Kommentar zum Weltrekordversuch. Es ist sicher gut, dass die Organisatoren der Einweihung durch irgendeine interessante Aktion bereichern wollen, damit es nicht nur langweilige Reden oder Rituale wie ein Band durchzuschneiden gibt. Und Weltrekord hört sich toll an, vor allem dann, wenn er mit dem Thema zu tun hat und auch machbar ist. Es ging um die längste Fahrradschlange der Welt. Was es nicht alles für Rekorde gibt! Dieser Rekord wurde offenbar in Berlin aufstellt mit 1448 Fahrrädern. Die Fahrräder müssen dann alle hintereinander stehen und dafür war dann auch eine Strecke im Ort vorgesehen. Leider gab dabei sehr viel Wartezeit beim Aufstellen und bis alles gezählt war. Vor allem viele beteiligte Kinder waren nicht so ganz begeistert. Der Rekord wurde mit 1502 Fahrrädern dann allerdings geschafft.
Die Unterscheidung ist manchmal etwas künstlich, trotzdem sinnvoll:
Touristische Routen sind Routen, die als „kurze Runde“, Tagestour oder auch mehrtägige Tour zu eher Freizeitzwecken (Wochenende, Feierabend, Urlaub) gedacht und beschildert ist. Dabei versucht man meist, Straßen mit Autoverkehr zu vermeiden (egal ob mit oder ohne begeitenden „Radweg“) und nimmt dafür auch Umwege in Kauf. Häufig wird das aber übertrieben, und die Routen laufen auf schlechten und verwinkelten Wegen, obwohl es brauchbare Alternativen auf der Fahrbahn mit wenig Autoverkehr gibt. Das ist für viele trotzdem angemessen, aber hilft selten, wenn man einfach nur von A nach B will.
Alltagsrouten ist alles, was einen von A nach B bringt. Hier wird vor allem Wert darauf gelegt, Orte, Ortsteile, und wichtige Einzelziele miteinander zu verbinden und daraus ein Netz von Routen zu bilden. Wege „in der Natur“ sind dabei weniger wichtig. Wenn es gute Routen abseits von Straßen gibt, werden die auch gerne mit einbezogen.
Beispiel: Karlsruhe — Schwetzingen
Die RadNETZ-BW-Route (Alltagsroute) verläuft über Eggenstein-Leopoldshafen und Linkenheim-Hochstetten, also durch die Orte, wo Menschen wohnen, arbeiten, einkaufen, etc..
Touristische Routen wären zum Beispiel am Rhein (Ost- oder Westseite) oder der Rheintalweg von Durlach über Kronau bis Schwetzingen. (Die RTW-Routenführung mit Logo gibt es zwar nicht mehr, aber der ehemaligen Route (bis Reilingen mit PPP identisch) kann man durchaus noch folgen.)
Die touristischen Routen wie Rhein- und Rheintalradweg sind beide mit größeren Umwegen verbunden, wenn man von Innenstadt nach Innenstadt will. Aber auch die RadNETZ-BW-Route ist nicht die kürzeste Route. Kürzer wäre zum Beispiel eine Route durch den Hardtwald. Diese Route ist von der Form „nur Wald“ her eher touristisch (trotzdem keine touristische Route mit Logo), aber auch Alltag (z. B. mit Ziel KIT Campus Nord).
Die Trennung „touristisch“ oder „Alltag“ ist also nie ganz eindeutig. Es geht bei „touristisch“ oder „Alltag“ nicht darum, ob das eine „besser“ oder „schlechter“ als das andere ist. Es ist die Denkweise und Zielsetzung, die unterschiedlich ist. Unter anderem eben auch die Frage, ob das Fahrrad in erster Linie eine Freizeitbeschäftigung oder ob es ein Verkehrsmittel für alltägliche Wege von und zu Zielen wie Wohnen, Arbeit, Ausbildung, Einkaufen, Freizeit, etc. ist. Denn an dieser Frage orientiert es sich, welche Art Fahrradinfrastruktur gebaut wird.
Die FGSV1)-Radroutenbeschilderung, die mittlerweile nach und nach überall eingeführt und erweitert wird, ist sowohl für Alltags-, als auch touristische Routen gedacht. Die Hauptintention liegt dabei auf Alltagsrouten, die touristischen Routen sind darin dann integriert. Für den Alltag dienen die Zielangaben (meistens Orte, häufig ein Fernziel und ein Nahziel, manchmal auch mehrere davon). Darunter sind ggf. Schilder mit Logos für die touristischen Routen eingehängt (z. B. Tour de Spargel).
1)FGSV = Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V.