Achtung! umwelt & verkehr ist Ende Aug./Anf. Sept. '24 umgezogen! Sollte etwas noch nicht funtionieren: Bitte melden!
Oststadt: Fassadenbegrünung Fotos: Heiko Jacobs. |
Schon eine Weile werden Parkstreifen (links) u. Baumscheiben (rechts) nicht mehr 100 % versiegelt, aber das ist wohl noch lange nicht das, was den Titel „Schwammstadt“ verdienen würde; |
Rasengleis und, wenn man genau hinschaut, ein Graben daneben für die Versickerung im Grün, zwei Schwammstadt-Maßnahmen, wie auch zwischen See ... |
.... und Blumen, wo man sieht, dass dort in letzter Zeit sicher schon öfters Wasser stand und versickern konnte. Siehe auch Titelbild: |
Wer genau hinschaut, sieht über „Schwamm“ das Rohr, durch das Regenwasser in die Senke fließen kann, um dort versickern und so das Grundwasser anreichern zu können. Ein wichtiger Baustein von vielen einer Schwammstadt; Foto: Mari Däschner |
Schwammstadt — das ist nicht die Heimatstadt der Zeichentrick-Figur Spongebob, sondern ein Konzept, Städte umweltfreundlicher und lebenswerter zu gestalten. Ganz konkret: Regenwasser wird wie in einem Schwamm zurückgehalten und zwischengespeichert. Das ist gut für den Grundwasserspiegel und damit auch für Pflanzen und Tiere und nicht zuletzt für uns. Gerade in den letzten Dürrejahren sind viele Bäume regelrecht verdurstet. Manches Biotop ist ausgetrocknet, so dass Amphibien und andere Tiere ihren Lebensraum verloren haben. Letztlich ist Wasser unverzichtbare Lebensgrundlage für uns alle.
Früher wollte man Wasser in der Stadt möglichst schnell ableiten und hat dafür leistungsfähige Abwassersysteme gebaut. Dem immer häufiger werdenden Starkregen sind sie trotz allem nicht gewachsen. Gleichzeitig muss man Straßenbäume immer mehr bewässern, weil das Wasser zu schnell abfließt bzw. erst gar nicht in das Erdreich eindringt. Durch die kurzzeitigen Abflussspitzen werden die Kläranlagen stark gefordert. Im Extremfall geht dann das Abwasser sogar kurzzeitig ungeklärt in den Vorfluter, bei uns der Rhein. Das Konzept der Schwammstadt reduziert diese Probleme. Dabei helfen alle Maßnahmen, die geeignet sind, Wasser zurückzuhalten.
Für unsere Lebensqualität in der Stadt ist die Verdunstung ein weiterer Vorteil der Schwammstadt. Vegetation, offene Wasserflächen und feuchte Böden sorgen für Abkühlung des Bodens und der bodennahen Luftschichten. Eine Studie im Auftrag der Stadt Karlsruhe hat eine starke Zunahme von sogenannten Tropennächten im Stadtgebiet prognostiziert. Auch hier schafft die Schwammstadt Linderung.
Ein ganzes Bündel von Maßnahmen steht für die Realisierung der Schwammstadt zur Verfügung:
Es erscheint wie ein Tabu: Was einmal asphaltiert ist, bleibt asphaltiert. Einzige Ausnahme: Das gesamte Umfeld wird im Rahmen einer größeren Maßnahme aufwendig umgestaltet. Dabei haben wir schon weit über alle Maßen unsere Umwelt versiegelt. Es ist an der Zeit, z. B. an Hand von Satellitenbildern zu prüfen, welche Flächen entsiegelt werden können. Da gerade private Eigentümer kaum Interesse haben hierfür Geld in die Hand zu nehmen, sollte dies finanziell unterstützt werden. Schließlich werden dadurch Folgekosten für Stadt und Staat in Grenzen gehalten.
Regenwasser ist kein Abwasser, sondern ein Lebensmittel für Pflanzen und Tiere und Voraussetzung für eine funktionierende Trinkwasserversorgung. Trotzdem landet das meiste in der Stadt anfallende Regenwasser in der Kanalisation. Dadurch geht dem Boden Grundwasser verloren und Starkregen erzeugen in Einzelfällen katastrophale Hochwässer. Auch hier lohnt es sich für Kommunen und Länder zu investieren, um Schäden und Folgekosten in Grenzen zu halten. Durch die Gestaltung der Abwassergebühren wird es auch für Unternehmer und Grundstückseigentümer interessant, die eigene „Wasserwirtschaft“ nachhaltig zu gestalten. Es muss dabei in der Summe nicht teurer werden.
Der Flächenfraß geht trotz Bemühungen des Landes unvermindert weiter, da die Kommunen ein grundsätzliches Interesse haben, Wohn- und Gewerbeflächen auszuweisen. Dabei wird oft vergessen oder besser gesagt verdrängt, dass durch mehrstöckige Bauweise die Versiegelung fast halbiert oder gedrittelt werden kann. Die Angst, der Investor könnte in die Nachbarkommune ausweichen überwiegt vielfach.
Versickerungsmulden sammeln zunächst das Regenwasser und geben es verzögert an den Untergrund weiter. Dort dient es der Grundwasserbildung. Ein Teil des Wassers verdunstet und kühlt dabei das Quartier. Die Temperaturunterschiede sind messbar und fühlbar.
Offene Wasserflächen sind auch Flächen für Verdunstung. Sie spenden Kühle in warmen Sommernächten. Biotope in ihrem Umfeld erhöhen die biologische Vielfalt in der Stadt und schaffen Lebensqualität.
Das Pflanzen von Bäumen wirkt gleich mehrfach: Sie nehmen das Wasser vom Boden über ihre Wurzeln auf, einen Teil des Regens fängt der Baum zuvor schon mit seiner Krone auf. Davon erreicht am Ende nur ein kleiner Teil den Boden. Das meiste verdunstet oder wird vom Baum aufgenommen.
Fassaden- (S. 3) und Dach-Begrünungen wirken dort, wo Bäumen nicht ausreichend Platz gewährt wurde. Aber auch als zusätzliche Maßnahme bieten sie die Chance Wasser aufzunehmen, verdunsten zu lassen und für angenehme Kühle zu sorgen. Die Natur bietet mit etwas Fantasie und Kreativität auch in der Stadt viele Möglichkeiten. Wir müssen ihr aber auch Platz gewähren. Es ist zu unserem eigenen Wohl.
Der Schlüssel zum Erfolg ist die Mischung all dieser Maßnahmen. Die Wirkung steigt mit der Anzahl der Projekte. Gleichzeitig nimmt aber auch die Zahl der Beteiligten zu. Der verbindende Begriff der Schwammstadt weckt Interesse und Begeisterung. Das hilft so manche Hürde zu überwinden. Die heute schon klar erkennbaren Folgen des Klimawandels erfordern konsequente Maßnahmen. Auch wenn die Schwammstadt am Ende nur die Symptome des Klimawandels lindert, sollten diese Konzepte allein aus ökologischen Gründen längst Maßstab des Handelns sein. Der Stadt Karlsruhe sind diese Ideen und Konzepte sicher bekannt und werden teilweise auch ohne das Label Schwammstadt umgesetzt. Trotzdem macht es gerade jetzt Sinn, die noch bestehenden Optionen zu prüfen und unter dem Begriff Schwammstadt auch Hausbesitzer und Grundstückseigentümer für eine ökologische Gestaltung zu gewinnen.