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Das Naturschutzgebiet “Altrhein Kleiner Bodensee” ... | |
... wird ab einem Rhein-Pegelstand von 6,4 m erheblich durch Abwässer beeinträchtigt. Von seltenen Pflanzenarten wie der wertvollen Wassernuss, die hier ihr bundesweit größtes Vorkommen hatte, sind mittlerweile nur noch Restbestände vorhanden. Wann endlich handelt die Stadt Karlsruhe?
Fotos: Uwe Haack |
Wie lange will sie noch rücksichtslos über die Belange des Naturschutzes und der Nachbargemeinde Eggenstein-Leopoldshafen hinweggehen?
Bekanntlich hatte sich die Stadt Karlsruhe als Kulturhauptstadt beworben. Mag man zu dieser Angelegenheit positiv oder negativ stehen, sei dahingestellt. Eines steht jedenfalls fest: Zur mindesten Kultur gehört es, dass unsere Städte und Gemeinden ihre anfallenden Abwässer vorschriftsmäßig klären und nach Recht und Ordnung in Vorflutergewässer ableiten. Und gerade hier hat die Stadt Karlsruhe seit langen Jahrzehnten ihre Hausaufgaben nicht im Geringsten erfüllt. Bei immer wiederkehrenden Hochwassern kommt es vor, dass das städtische Klärwerk nicht alle anfallenden Wassermengen aufnehmen und klären kann. Deshalb wird ein Teil ungeklärt über den Hauptsammelkanal (im Volksmund von Neureut und Eggenstein seit den 20er Jahren Rio-Stinko genannt) am Klärwerk vorbei über die Alb und den Albkanal in den Gemeindewald von Eggenstein-Leopoldshafen flächig eingeleitet. Ab ca. 6,40 Meter Rhein-Pegelstand Maxau kann von der Alb nichts mehr direkt in den Rhein eingeleitet werden.
Dies hat zur Folge, dass ein herrliches Auenwaldgelände mit einer Breite von ca. 100 Meter bis 1,5 km als Opferstrecke überflutet wird. Diese Fläche wird im Westen durch den Hochwasserdamm (HWD) XXVII und dem Rheinuferleinpfad auf ca. 5 km Länge, im Osten durch die HWD XXVIII und XXX auf ca. 7 km Länge begrenzt. In diesem Bereich befinden sich außer dem Albkanal und dem Pfinzentlastungskanal die Flächen des Naturschutzgebietes “Altrhein Kleiner Bodensee”, des Schmugglermeeres und des Alten Hafens. Einst waren dies mit viel Schilf und Wassernüssen bewachsene Kleinode und Badestrände. Heute sind sie durch Abwassereinleitungen der Stadt Karlsruhe zu Schlammkloaken mit allen möglichen Gift- und Schadstoffen verkommen, weisen nur noch Restbestände dieser Arten auf und siechen dahin.
Bei Pegelstand 6,40 m kann über die Mündung des Alten Hafens bei Leopoldshafen ebenfalls nichts mehr in den Rhein eingeleitet werden. Dies hat zur Folge, dass alle Abwässer der Alb und von den Städten Karlsruhe und Ettlingen (sogar rheinaufwärts) einen ca. 3 km langen, flächigen Rückstau bis zur Alb und auch in das Naturschutzgebiet “Altrhein Kleiner Bodensee” verursachen. Erst bei Niedrigwasserführung des Rheinstromes kann das oft wochenlang eingestaute Hochwasser wieder langsam abfließen. Die Folge ist, dass mehr oder weniger klares Wasser abfließt und die meisten Gift- und Schadstoffe absinken und in der Überflutungsfläche (hauptsächlich im NSG) zurückbleiben. Bereits Jahrzehnte vor dem allgemeinen Waldsterben (1980) sind in diesen Überschwemmungsflächen immer wieder zahlreiche wertvolle Edellaubhölzer abgestorben.
Den geschilderten Umweltsünden muss endlich Einhalt geboten werden! Nun fragt sich aber wie. Ideen gab es schon mehr als genug. Viel Schriftverkehr von und nach überall gab es lange Jahrzehnte, bisher erfolglos. Immer handelte es sich um Verlegung des Klärwerkes an den Rhein oder um den Bau eines Hebewerkes in der Nähe des Rheinufers. Diese beiden Vorhaben sollten endlich zu den Akten gelegt und vergessen werden, weil sie aus Finanz- und Naturschutzgründen niemals zu realisieren sind.
Eine neue, sinnvolle und erprobte Möglichkeit zeichnet sich ab. Geradezu vorbildlich hat die geschädigte Nachbargemeinde Eggenstein-Leopoldshafen bereits vor vier Jahren eine Lösung geplant und mit großem Erfolg auch durchgeführt. Gemeinsam mit dem Forschungszentrum Karlsruhe wurde eine ca. 3 km lange, geschlossene Vorflutleitung vom Klärwerk in Leopoldshafen (sogar über Gemarkung Linkenheim) direkt in den Rhein verlegt. Seitdem werden die Anliegergemeinden entlang des 26 km langen Rheinniederungskanals zwischen Linkenheim und Philippsburg mit keinem Liter Abwasser aus Eggenstein-Leopoldshafen belastet. Hier sollte sich die Stadt Karlsruhe ein Vorbild nehmen.
Seit letztem Jahr ist etwas Bewegung in die Sache gekommen. Vier Fraktionen des Gemeindeparlamentes Eggenstein-Leopoldshafen haben über die Gemarkungsgrenze hinweg mit ihresgleichen des Stadtparlamentes Karlsruhe Verbindung aufgenommen. Man kann damit rechnen, dass dieses Jahr eine Fortsetzung folgt, sicher auch mit einer Begehung im Schadensgebiet.
Mit diesen Zeilen ergeht ein dringender Appell an alle, die es betrifft: Ämter, Parteien, Verbände usw., sowie an alle Menschen, denen etwas daran liegt, dass wir unseren heimatlichen Auenwald von Eggenstein-Leopoldshafen, den wir von unseren Vorfahren in gutem Zustand übernommen haben, auch an unsere nachkommenden Generationen in einigermaßen lebensfähigen und lebenswertem Zustand übergeben und nicht weiter als Opferlandschaft verkommen lassen!
Bei all den vielen Bemühungen wie Begehungen, Beratungen, Untersuchungen, Berichten, Besprechungen, Versprechungen und Spesen ist bisher leider nichts Konkretes gewesen. Das Kleinod “Kleiner Bodensee” muss nun endlich gerettet werden und darf auf keinen Fall weiter vor die Hunde gehen. Worte und Argumente wurden bisher genug gewechselt. Nun müssen wirklich echte Taten folgen!
Dies ist ein Artikel der Karlsruher Zeitschrift umwelt&verkehr 2/05
Stand des Artikels: 2005! Der Inhalt des Artikels könnte nicht mehr aktuell sein, der Autor nicht mehr erreichbar o.ä. Schauen Sie auch in unseren Themen-Index.