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Unter diesem Titel hat der verkehrspolitische Sprecher der Grünen Landtagsfraktion, Boris Palmer, einen Text veröffentlicht, der hier zusammengefasst ist:
1995 stellte der Generalverkehrsplan fest, dass der durchschnittliche Radverkehrsanteil in baden-württembergischen Städten nur 12 % betrug. Die Landesregierung setzte sich damals das Ziel, den Umweltverbund (Rad- und Fußgängerverkehr sowie öffentlicher Verkehr) zu stärken, um den Zuwachs des Auto-Verkehrs zu begrenzen — auch weil eine Förderung des Umweltverbundes “mit Abstand die preisgünstigste Möglichkeit (ist), die Mobilität der Bürger im Nahverkehr zu gewährleisten.”
Leider sind den wohlklingenden Worten in den allermeisten Fällen kaum Taten gefolgt. Das Land “empfiehlt”, “rät” und “regt an”, zeigt aber selbst nur sehr eingeschränkt Initiative. Eine positive Bilanz lässt sich eigentlich nur bei der Förderung von “Bike&Ride”-Anlagen ziehen — und auch das nur bis zur Einführung des “kommunalen Selbstbehalts” im Dezember 2003. In allen übrigen Bereichen verweist das Land auf die Zuständigkeit der Kommunen. Verkehrsminister Mappus dreht das Rad sogar wieder zurück, wie bei der kostenlosen Fahrradmitnahme in Bahnen.
Nachdem von 1986 bis 1991 rund 500 km Radwege an Bundes- und Landesstraßen gebaut wurden, kamen von 1995 bis 2002 nur noch rund 300 km hinzu. Im Übrigen verweist die Landesregierung darauf, dass der Bau von Radwegen, sofern sie kein Begleitweg zu Bundes- oder Landesstraßen sind, Aufgabe der Kommunen sei. Eine dringend notwendige Förderung des kommunalen Radwegebaus wird von der Landesregierung abgelehnt. Die Kommunen erhalten Investitionszuschüsse für Radwege nur im Zusammenhang mit Straßenbaumaßnahmen. Die Fördersumme ist mit rund 11 Mio. EUR jährlich (1995-2001) allerdings gering. Eine wirksame Förderung des Radverkehrs bleibt so zwangsläufig aus, da die Finanznot der Kommunen zu groß ist. Die Situation wurde durch die Einführung des “individuellen Selbstbehaltes” bei der Förderung im Dezember 2003 noch verschärft. Es muss damit gerechnet werden, dass die Kommunen die zusätzliche Belastung beim Bau von geförderten Straßen durch einen Radweg-Verzicht kompensieren.
Gemeinsam mit den kommunalen Gebietskörperschaften hat das Land vor mehr als 10 Jahren ein landesweites Radwege-Grundnetz entwickelt, die Landkreise und Städte aber dann mit dieser Aufgabe alleingelassen. Wenn ein Streckenabschnitt dieses Netzes nicht zufällig an einer Landes- oder Bundesstraße entlang führt, weigert sich das Land, sich an der Finanzierung zu beteiligen. Dieses Grundnetz ist zum allergrößten Teil bereits vorhanden. Seine sinnvolle Nutzung scheitert oft an Lücken von nur wenigen 100 m. Als die finanzielle Lage der Kommunen noch besser war, haben diese oftmals solche Lückenschlüsse finanziert, heute fehlt aber auch hierfür der finanzielle Spielraum. Übrig bleibt in vielen Fällen ein löchriges “Netz”, das die Fahrradfahrer zu unsinnigen Umwegen oder zur Benutzung von stark befahrenen Straßen zwingt, weshalb viele potenzielle Radfahrer dann doch lieber das Auto nehmen.
Die überörtlichen Radwege wurden durch die Landkreise und die Straßenbauverwaltung in der Vergangenheit völlig uneinheitlich beschildert. Wer auf einer Radtour eine Kreisgrenze überquert, muss sich meistens neu orientieren, wenn nicht gar plötzlich die Beschilderung fehlt. 2003 hat die Landesregierung die im “Merkblatt zur wegweisenden Beschilderung für den Radverkehr (Ausgabe 1998)” der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen festgelegte einheitliche Beschilderung für Bundes- und Landesstraßen verbindlich eingeführt. Auch den Kommunen empfiehlt sie, diese Art der Beschilderung anzuwenden — aber völlig unverbindlich. Auch eine dringend erforderliche finanzielle Unterstützung der Landkreise und Gemeinden wird abgelehnt. Die Folge ist, dass selbst bei Benutzung von bedeutenden Radwegverbindungen wie dem Donauradweg Art und Aussehen der Beschilderung ständig wechselt und häufig viel zu klein ist. Ein solches Durcheinander ist wenig attraktiv für Fahrrad-Touristen, die im innerdeutschen Tourismus-Markt eine immer größere Rolle spielen.
In einem der wenigen Bereiche der Radverkehrspolitik, in dem die Landesregierung ab 2002 Positives bewirkt hatte, reißt Sie jetzt wieder mutwillig alles ein. Die kostenlose Fahrradbeförderung auf den meisten Bahnstrecken in Baden-Württemberg soll ab 2005 nicht mehr aus Landesmitteln finanziert werden. Die meisten Verkehrsverbünde werden diese zusätzliche Belastung nicht schultern können. Wenn die Fahrradbeförderung demnächst also wieder Geld kostet, werden viele Ausflügler wieder das Auto nehmen.
Die Grünen im Landtag schlagen ein Fünf-Punkte-Programm zur Förderung des Radverkehrs vor, um die Potenziale zu aktivieren:
Den gesamten Text findet man unter www.bawue-gruene-fraktion.de
Dies ist ein Artikel der Karlsruher Zeitschrift umwelt&verkehr 3/04
Stand des Artikels: 2004! Der Inhalt des Artikels könnte nicht mehr aktuell sein, der Autor nicht mehr erreichbar o.ä. Schauen Sie auch in unseren Themen-Index.