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Bundesweites Netzwerk Wohnen und Mobilität

Förderung klimaverträgliche Mobilität am Wohnstandort startet in Karlsruhe

Das Wohnen ist ein wichtiges Handlungsfeld für Klimaschutzmaßnahmen — bislang fast ausschließlich im Bereich der energetischen Sanierung. An der Haustür entscheiden die Menschen aber auch, welches Verkehrsmittel sie für ihre Wege nutzen. Als Handlungsfeld für Klimaschutzmaßnahmen werden die großen CO2-Minderungspotenziale im Bereich der wohnstandortnahen Mobilität bislang wenig beachtet. Die Beschäftigung mit nachhaltiger Mobilität gerät bei vielen Wohnungsunternehmen — sowohl im Wohnungsneubau als auch in der Bestandsbewirtschaftung — immer mehr in den Blick der Planungsprozesse. Auch auf politischer Ebene wird der Druck größer, die Rahmenbedingungen zugunsten einer umweltverträglichen Mobilität zu verbessern. Der Verkehrsclub Deutschland e. V. greift daher dieses Themenfeld erneut auf und knüpft mit seinem neuen Projekt „Bundesweites Netzwerk Wohnen und Mobilität“ an den erfolgreichen Vorgänger „Wohnen leitet Mobilität“ an. Das Projekt startete am 1. Mai 2020 und wird im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI) vom Bundesumweltministerium gefördert. Der Standort Karlsruhe ist, zusammen mit Pforzheim, neuer Vertreter für Baden-Württemberg in diesem Netzwerk. Im Umweltzentrum in der Kronenstraße bin ich als Regionalkoordinatorin für die beiden Standorte neu angesiedelt.

Anliegen des Projektes ist es, am Wohnstandort den Zugang zu klimaverträglichen Verkehrsmitteln zu erleichtern: Die Bewohner*innen sollen mindestens ebenso bequem auf Fahrrad, Bus oder Sharing-Angebote zugreifen können, wie bisher auf den privaten Pkw. Oft sind es infrastrukturelle Voraussetzungen, die Menschen davon abhalten, häufiger zu Fuß, mit dem Rad oder dem ÖPNV statt mit dem eigenen Auto unterwegs zu sein. Ein gutes Wegenetz für den Fuß- und Radverkehr, Radabstellanlagen, eine zu Fuß schnell erreichbare Bushaltestelle, das Bereitstellen neuer z. B. gemeinschaftlich organisierter Mobilitätsangebote können wirkungsvolle Anreize schaffen. Das Projekt richtet sich vorrangig an die Wohnungswirtschaft, Kommunen, Mobilitätsdienstleister und Verkehrsunternehmen sowie Stadtplaner*innen und Architekt*innen. Umfangreiche Beratungsangebote, die Vernetzung der Akteure und die Initiierung konkreter Kooperationen sollen intelligente Mobilitätskonzepte im Bestand und im Neubau implementieren und die Umsetzung von Maßnahmen vor Ort anstoßen. Der VCD als multimodal ausgerichteter Verkehrsclub setzt sich für ein gleichberechtigtes Miteinander der verschiedenen umweltfreundlichen Mobilitätsformen ein. Seine Rolle als gemeinnütziger Verein erlaubt ihm, das Netzwerk als unabhängiger Vermittler zu moderieren. Dies wird mit besonderer Intensität in den bundesweit acht Projektregionen umgesetzt.

Mit den Städten Karlsruhe und Pforzheim gehen im Heimat-Bundesland von Fahrrad und Automobil zwei Kommunen an den Start, die sehr unterschiedliche Voraussetzungen und Fragestellungen in das Netzwerk einbringen: Fahrradstadt trifft Autostadt, flach trifft hügelig, die „Stadt der kurzen Wege“ trifft auf das „Lebensgefühl auto-mobil“. Bei genauerem Hinschauen verbirgt sich jedoch jedes dieser Gegensatzpaare in den aktuellen Handlungsfeldern beider Städte — als alltägliche Herausforderung auf dem Weg hin zu integrierten Mobilitätskonzepten im Neubau sowie im Bestand. Bei der Vielzahl der aktuellen Rad- und Fußverkehrsprojekte, die derzeit in Karlsruhe seitens der Verwaltung verfolgt werden, fragt man sich, welcher Lückenschluss eigentlich noch fehlt: Es ist in der Tat der Quell- und Zielverkehr im Wohnquartier, der bislang noch nicht im Fokus der Stadt steht. Zwei Ziele werden die Arbeit der ersten Monate bestimmen: Zum einen geht es darum, die Wohnungsmarktakteure der Stadt für die Mitarbeit im Netzwerk zu gewinnen. Gleichzeitig soll eine Bedarfsanalyse klären, wo die einzelnen Unternehmen in ihren Handlungsfeldern im Hinblick auf eine innovative Mobilität in ihren Quartieren und Beständen derzeit stehen. Ausgehend davon sollen mögliche Ziele identifiziert werden, die in der Netzwerkarbeit angegangen und in den nächsten zweieinhalb Jahren umgesetzt werden sollen.

Hintergrund

Mit einem Anteil von über 75 % am Modal Split des Personenverkehrs ist das Auto das Verkehrsmittel Nummer eins in Deutschland. Dabei verursacht der Motorisierte Individualverkehr (MIV) mehr als drei Viertel aller verkehrsbedingten CO2-Emissionen. Bis 2050 will die Bundesregierung den Ausstoß von Treibhausgasen im Vergleich zu 1990 um 80 — 95 % senken. Um diese Klimaziele zu erreichen, muss der Verkehrssektor bis 2050 vollständig dekarbonisiert werden. Während der CO2-Ausstoß bis 2015 bundesweit insgesamt um 27 % gesunken ist, liegt er im Verkehrssektor aufgrund steigender Verkehrsleistungen sogar über dem Niveau von 1990. Neben dem Klimaaspekt kommen vor allem in städtischen Gebieten weitere verkehrsbedingte Umweltbeeinträchtigungen wie Stickoxidemissionen, Feinstaub, Lärm und Flächenverbrauch zum Tragen. Ziel des VCD ist, einen „Modal Shift“ — eine Verlagerung vom motorisierten Individualverkehr (MIV) zu umweltfreundlichen Mobilitätsformen — zu unterstützen.

Das Vorhaben fokussiert auf Projektregionen in acht Bundesländern mit jeweils einer großen und einer kleineren Stadt als Aktions- Schwerpunkt: Berlin/Potsdam, Bochum/Witten, Darmstadt/Ginsheim-Gustavsburg, Chemnitz/Erzgebirgskreis, Hannover/Hameln, Karlsruhe/Pforzheim, Kiel/Preetz sowie München/ Holzkirchen. In diesen Standorten werden Regionalkoordinator*innen u. a. die Netzwerkbildung fördern, Beratung anbieten und vermitteln, lokale und regionale Aktivitäten planen und durchführen oder Aktivitäten Dritter unterstützen. Für Vorträge, Präsentationen oder Beratungs-Workshops zu innovativen Mobilitätskonzepten in Wohnquartieren steht außerhalb der Projektregionen das siebenköpfige Berliner Projektteam zur Verfügung.

Der Netzwerkcharakter des Projektes spiegelt sich v. a. in den unterschiedlichen Veranstaltungsformaten wider: regionale Fachforen mit thematischen Schwerpunkten und zur Präsentation von guten Umsetzungsbeispielen, Beratungsworkshops für Wohnungsunternehmen, interdisziplinäre Netzwerktreffen auf regionaler Ebene, Einzelberatungen von Wohnungsunternehmen, Fachaustausche der Projektregionen, Exkursionen für die Fachöffentlichkeit zu Good-Practice-Quartieren. Die Konzipierung eines Fortbildungsangebotes „Mobilitätsmanagement für Wohnungsunternehmen“, eine Online-Plattform und diverse Print-Veröffentlichungen komplettieren das Angebot zum Wissenstransfer. Weiterführende Informationen finden Sie auf der Online- Plattform www.intelligentmobil.de — dort gibt es neben einem Handlungsleitfaden auch viele nützliche Downloads, Best-Practice-Beispiele sowie die Möglichkeit zur Anmeldung für einen Newsletters.

Angelika Jäkel & das BuWoMo-Team

Dies ist ein Artikel der Karlsruher Zeitschrift umwelt&verkehr 2/20

Stand des Artikels: 2020! Der Inhalt des Artikels könnte nicht mehr aktuell sein, der Autor nicht mehr erreichbar o.ä. Schauen Sie auch in unseren Themen-Index.

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