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Artikel siehe umverka.de/download/kfk_1992_ustrab.pdf |
Rainer König-Pfitzer (linkss+Foto) & Andreas Gaymann-Olpe |
Wir blicken zurück ins Jahr 1992 (!) — damals war die kontroverse Diskussion um die U-Bahn in einer heißen Phase und der VCD war dank einiger Verkehrsplaner in unseren Reihen mittendrin als fachkundiger Beobachter und politischer Akteur.
Andreas Gaymann-Olpe und Rainer König-Pfitzer haben damals den kreisfairkehr redaktionell verantwortet und produziert. Und beide haben natürlich in dieser Zeit recherchiert und dazu einen ausführlichen Artikel zum Thema geschrieben. Es ging zu der Zeit noch um U-Bahn oder Kriegsstraße als Alternative. Mit der — zugegeben provokativen — Überschrift „Kairo — Kopenhagen — Karlsruhe“ wurde das Vorhaben eher kritisch betrachtet. Die Argumente waren: Größenwahn, hohe Kosten, längere Umsteigezeiten, fragwürdige Entlastung ... Knapp 30 Jahre später geht im Dezember 2021 nach 10 Jahren Bauzeit und 1,5 Mrd. Kosten im Dezember 2021 die Kombilösung in Betrieb und läuft nun schon fast 3 Jahre.
Dieses Jahr haben die beiden sich nach vielen Jahren zu einem Rückblick und einer gemeinsamen Fahrt durch den Tunnel in Karlsruhe getroffen und über die Kombilösung ausgetauscht:
Andreas: Ich lebe seit langem in München, und bin sehr beeindruckt von der professionellen Umsetzung, der ansprechenden Gestaltung, der Sauberkeit und Helligkeit der Stationen, auch das Umsteigen ist problemlos. Toll!
Rainer: Ich konnte die Realisierung ja in den letzten Jahren selbst verfolgen und muss Andreas zustimmen. Unter dem Strich sehe ich die U-Bahn als Gewinn für Karlsruhe. Die Pünktlichkeit im gesamten Netz ist nach dem Bottleneck Kaiserstraße enorm gestiegen und die Zustimmung in der Bevölkerung ist groß. Durch die Kombilösung mit dem Autotunnel hat neben der Kriegsstraße vor allem der Marktplatz klar an Attraktivität gewonnen.
Andreas: Vieles stellt sich heute in einem anderen Licht dar, das Umsteigen ist z. B. kein Thema mehr und die heutige Kombilösung kaum vergleichbar mit den damaligen Plänen.
Rainer: Absolut. Ich würde sagen, Ziel erreicht, wenn auch zu sehr hohen Kosten. Insgesamt ein Gewinn für die Zukunft der Stadt.
Andreas: Die Stadt hat an dieser Stelle klar ein Stück Lebensqualität zurück gewonnen. Der Lärm für die Anwohner wurde deutlich reduziert, die Gastronomie kann nun auch wieder außen bestuhlen und der Radverkehr profitiert enorm.
Rainer: So ist es. Eine störende Schneise durch die Innenstadt wurde beseitigt und mit neuem Leben erfüllt. Auch wenn das sicher teuer war, kann man deutlich sehen, welche wertvollen Impulse für die Stadtentwicklung hiervon ausgehen. Das könnte auch ein Vorbild für andere umstrittene Projekte wie z. B. die Beruhigung der Karlstraße sein.
Rainer: Als größte Herausforderung bleibt die „Wiederbelebung“ der Kaiserstraße mit der Ansiedlung von wertiger Gastronomie und Handel. Da ist bislang noch keine klare Linie der Stadtverwaltung zu erkennen, im Gegenteil, einen Magneten wie das Café Böckeler am Marktplatz hat man ja schon mal nach Ettlingen vertrieben und mit Galeria/Karstadt hat man erstmal Glück gehabt. Aber da muss deutlich mehr kommen, Projekte wie die Hamburger Hafencity zeigen wie erfolgreich eine konsequente kleinteilige Ansiedlungspolitik für die Stadtentwicklung sein kann. Nach der Pandemie ist die Erhaltung und Belebung der Innenstädte ein Thema mehr denn je. Vieles ging verloren und muss nun neu aufgebaut werden. Dazu sind aktive Konzepte gefragt, von alleine wird das nichts.